Grippewelle: Erste Todesfälle und viele Neuerkrankungen dpa/APOTHEKE ADHOC, 06.02.2018 17:34 Uhr
Seit Beginn der Grippe-Saison in Niedersachsen sind bereits vier an Influenza erkrankte Menschen gestorben. Häufig führe die Grippe nicht unmittelbar zum Tode, sondern in Verbindung mit anderen Grunderkrankungen, sagte Dagmar Ziehm, Sprecherin des Landesgesundheitsamtes in Hannover heute. Zwei der Todesopfer waren über 75 Jahre alt. Bei den anderen beiden handelte es sich um eine junge Frau und ein Kleinkind, bei denen keine Vorerkrankungen bekannt waren. Im gesamten Winter 2016/2017 waren in Niedersachsen 35 Grippe-Todesfälle gemeldet worden.
Die Grippewelle insgesamt sei ähnlich ausgeprägt wie in den Jahren zuvor, sagte Ziehm. In der vergangenen Woche registrierte die Behörde landesweit 681 neue Influenzafälle, die von Laboren bestätigt wurden. Dies war die größte Zahl innerhalb einer Woche seit dem Start der Grippesaison Anfang Oktober. Insgesamt wurden in dieser Saison bisher 1535 Influenzafälle von den Arztpraxen übermittelt. Erfahrungsgemäß erreicht die Welle der Sprecherin zufolge im Februar ihren Höhepunkt.
Im Zusammenhang mit der Grippe zog auch der Tod eines Sechsjährigen aus dem Rhein-Neckar-Kreis weite Kreise. Hier entstanden zunächst Spekulationen, sein Tod sei von einem unbekannten tödlichen Virus hervorgerufen worden. Das Gesundheitsamt der Kreisbehörde in Heidelberg stellte am Montag klar, dass es sich jedoch um einen tödlichen Grippefall handelte.
„Als medizinische Ursache des tragischen Einzelfalls konnte eine Infektion mit der saisonalen Grippe – Influenza Typ B – festgestellt werden, die aufgrund einer bakteriellen Zweitinfektion einen schweren Verlauf nahm“, teilte ein Amtsarzt mit. Er berief sich dabei auf das Uniklinikum Heidelberg. Der Junge war dort behandelt worden und mit seinen Eltern nach Hause zurückgekehrt. Kurz darauf starb er am vergangenen Dienstag.
Der Fall beschäftigt auch die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei Heidelberg. Die Behörden wollen klären, ob es „Verantwortlichkeiten Dritter“ am Tod des Jungen gibt. Dazu sollen unter anderem die behandelnden Ärzte als Zeugen vernommen werden.
„Bei einer durch Viren geschwächten Lunge kann es zu einer zusätzlichen bakteriellen Infektion kommen“, teilte der Amtsarzt mit. Dies sei eine „seltene, aber bekannte Komplikation“. Ein Zusammenhang mit einem Fall einer Hirnhautentzündung – Meningokokken Typ B – in Lindenfels (Kreis Bergstraße), wie er in sozialen Medien fälschlicherweise dargestellt worden sei, bestehe nicht, betonte er. Es handele sich um einen „traurigen und tragischen Einzelfall“ im Rhein-Neckar-Kreis.
In Sachsen gibt es eine zweite Grippetote, wurde am vergangenen Freitag gemeldet. In der vergangenen Woche starb nach Angaben des Sozialministeriums in Dresden eine 90-Jährige im Landkreis Görlitz an der Influenza. Aus verschiedenen Kreisen würden zudem kleinere Häufungen von Erkrankungsfällen in Kliniken, Schulen und Familien mit je zwei bis fünf Betroffenen gemeldet. Die Landesuntersuchungsanstalt (LUA) berichtete über eine erhebliche Zunahme der Meldezahlen insgesamt.
Ende der vierten Januarwoche standen insgesamt 3006 Influenza-Fälle seit Saisonbeginn Mitte Oktober in Sachsen zu Buche und damit doppelt so viele wie eine Woche zuvor.
Nur 4,4 Prozent der Betroffenen erkrankten trotz Schutzimpfung. Knapp ein Viertel aller Erkrankten war über 45 Jahre alt, jeweils 17 Prozent 25- bis 44-jährige Erwachsene und fünf- bis neunjährige Kinder. Mitte Januar war eine 91-Jährige mit Vorerkrankungen in einem Altenheim im Landkreis Zwickau gestorben. Im Winter 2016/2017 erkrankten 16.700 Menschen in Sachsen an Influenza, 73 starben.
Von einer Grippewelle ist die Rede, wenn der Erreger in mehr als 20 Prozent der übermittelten Proben zu finden ist. In der vergangenen Woche lag die Rate bei 38 Prozent. Der Influenzatyp B komme in dieser Saison besonders häufig vor, sagte Ziehm. Im vergangenen Jahr dominierte nach Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) Typ A, der häufig zu mehr Todesfällen bei Grippewellen führt. Typ-B-Viren gelten deshalb aber nicht als harmlos. In einer schweren Grippesaison kann die Zahl der Todesfälle bundesweit bei über 20.000 liegen.
Für die Influenza ist ein plötzlicher Erkrankungsbeginn mit hohem Fieber, Erschöpfung, Husten und starken Gliederschmerzen typisch. Gefährlich wird eine Infektion vor allem für alte und chronisch kranke Menschen. Sie sollten sich daher schon im Herbst impfen lassen. Meist endet die Grippesaison im März.