Grippeimpfstoffe: Wie aktuell ist die Zusammensetzung? APOTHEKE ADHOC, 26.10.2021 07:49 Uhr
Die Zusammensetzung des Grippeimpfstoffs für die bevorstehende Saison wird jedes Jahr neu beschlossen. Dabei liegt besonderes Augenmerk auf den Stämmen, deren Kursieren in der bevorstehenden Grippewelle zu erwarten ist. Da in der vergangenen Saison die Influenza-Fälle sehr niedrig waren, könnte die Zusammensetzung des aktuellen Impfstoffes nicht so treffend sein wie sonst. Einer der enthaltenen Stämme ist möglicherweise bereits ausgestorben.
Eigentlich gelten Herbst und Winter als Hochsaison für die Influenza. In der vergangenen Saison blieb die Erkrankungswelle jedoch weitestgehend aus – Hygienemaßnahmen wie das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen und regelmäßiges Desinfizieren der Hände, sowie Kontaktbeschränkungen hielten die Erkrankungszahlen auf niedrigem Niveau.
Das könnte sich jedoch auf die aktuelle Grippesaison auswirken: Denn bereits im März wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die neue Zusammensetzung des Vakzins bekanntgegeben. Wie in jedem Jahr sind sowohl bekannte Stämme wie auch neue Vertreter dabei, um ein möglichst großes Spektrum der Virusstämme abdecken zu können.
Die quadrivalenten eibasiert-hergestellten Grippeimpfstoffe für die nördliche Hemisphäre enthalten die folgenden vier Stämme:
- A/Victoria/2570/2019 (H1N1)pdm09-like virus
- A/Cambodia/e0826360/2020 (H3N2)
- B/Washington/02/2019 (B/Victoria lineage)
- B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata lineage)
Für zellkulturbasierte und rekombinante Impfstoffe ist anstelle des „Victoria/2570/2019 (H1N1)pdm09-like virus“ ein anderer Virusstamm vorgesehen – das „A/Wisconsin/588/2019 (H1N1)-like virus“. Auch im vergangenen Jahr hatten sich eibasierte und zellkulturbasierte beziehungsweise rekombinante Impfstoffe in einem Stamm unterschieden. Außerdem wurde in der vergangenen Saison von der WHO erstmals grundsätzlich zwischen Impfstoffen mit verschiedenen Herstellungsmethoden unterschieden.
Genetische Diversität nimmt ab
Doch die Zusammensetzung könnte aufgrund der schwierigen Vorhersage der kursierenden Stämme nun Lücken aufweisen. Im Fachjournal „Nature“ wurde kürzlich eine Studie veröffentlicht, die darstellt, dass die genetische Diversität der Influenzaviren drastisch abgenommen hat: Demnach sei die B/Yamagata-Linie von April 2020 bis August 2021 weder isoliert noch sequenziert worden – möglicherweise sei sie sogar ausgestorben. Zwar wurden wenige Einzelfälle des Stammes gemeldet, hierbei könne es sich den Wissenschaftler:innen zufolge jedoch um falsch-positive Ergebnisse handeln. Dennoch ist der Stamm im aktuellen Influenza-Impfstoff enthalten – obwohl er den Daten zufolge kaum oder gar nicht mehr kursiert.
Die Schutzwirkung der aktuellen Grippeschutzimpfung kann daher in diesem Jahr nur schwer vorhergesagt werden. Im Winter könnte die Kombination aus Sars-CoV-2, Influenza und Humanem Respiratorischem Synzytial-Virus (RSV) für viele Infektionen sorgen. Schon jetzt zeigt sich, dass die in der vergangenen Saison ausgebliebenen Infekte aktuell nachgeholt werden.
Impfstoffe mit Stammanpassung für 2021/2022
- Afluria Tetra (Seqirus): Influenza Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert)
- Efluelda (Sanofi): Influenza Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert, 60 Mikrogramm HA/Stamm)
- Fluad Tetra (Seqirus): Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert, adjuvantiert)
- Flucelvax Tetra (Seqirus): Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff aus Zellkulturen, inaktiviert, frei von Hühnereiweiß)
- Fluenz Tetra nasal (AstraZeneca): Influenza-Impfstoff (Virusimpfstoff, lebend-attenuiert)
- Influsplit Tetra (GSK): Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert)
- Influvac (Mylan): Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert)
- Influvac Tetra (Mylan): Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert)
- Vaxigrip Tetra (Sanofi): Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert)
- Xanaflu Tetra (Mylan): Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert)
Welche Impfreaktionen sind möglich?
Spätestens seit der Corona-Impfung – welche mittlerweile von der Ständigen Impfkommission (Stiko) gleichzeitig mit der Influenza-Impfung empfohlen wird – wachsen die Nachfragen zu möglichen Nebenwirkungen. Wie bei allen Impfungen kann es nach der Verabreichung zu den folgenden Impfreaktionen kommen:
- Reaktionen an der Einstichstelle:
- Rötung
- Schwellung
- Schmerzen
- können manchmal auch ausstrahlen und den gesamten Arm betreffen
- systemische Reaktionen:
- Fieber
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Abgeschlagenheit
- Unwohlsein
- Durchfall
Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab. Je nach Impfstoff können solche Nebenwirkungen unterschiedlich oft und unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Grundsätzlich sollte man eine Impfung nur erhalten, wenn man in einem guten gesundheitlichen Zustand ist. Je nach Therapie werden bei chronischen Erkrankungen häufig Nutzen und Risiken abgewogen. Nach der Impfung muss sich grundsätzlich nicht geschont werden. Oft wird jedoch der Verzicht auf Sport empfohlen, da er die Entstehung von Impfreaktionen begünstigen könnte. Die Daten hierzu gehen jedoch auseinander.
Schmerzen lindern & Fieber senken
Leichte Reaktionen an der Einstichstelle können meist schon durch Kühlen gelindert werden. Eine Kühlmanschette oder ein Kühlakku können gezielt auf die betroffene Stelle gelegt werden und so Linderung verschaffen. Auch kühlende Gels mit schmerzstillenden Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei stärkeren Schmerzen helfen.
Gehen die Beschwerden über lokale Reaktionen hinaus, kommt auch die systemische Anwendung von schmerzlindernden und fiebersenkenden Medikamenten in Frage: Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt beispielsweise Paracetamol bei Kopf- und Gliederschmerzen oder Fieber. Solange die Temperatur 38°C nicht überschreitet und nach 48 Stunden wieder verschwindet, handelt es sich um eine normale Impfreaktion.
Bei höherem oder langanhaltendem Fieber sollte jedoch ein Arzt aufgesucht werden. Gleiches gilt, falls die Schwellung an der Einstichstelle besonders stark ist oder sich ausbreitet. Dies kann auf eine Infektion der Injektionsstelle hindeuten. Bei Schwellungen im Augenbereich, juckenden Hautausschlägen oder Atemnot sollte ebenfalls direkt gehandelt werden. Wichtig für den behandelnden Arzt sind dann Informationen zur Impfung, vorherigen Reaktionen und Allergien. Daher am besten immer den Impf- und Allergiepass bei sich tragen und zur Hand haben.