Seit Monaten gibt es Lieferengpässe bei Krebsmedikamenten und anderen Arzneimitteln zur Injektion oder Infusion. Mit Rote-Hand-Briefen informieren jetzt wieder verschiedene Pharmafirmen die Fachkreise über mögliche Qualitätsmängel bei ihren Produkten. Aktuell sind die Krebsmedikamente Ceplene (Histamindihydrochlorid) von Meda und Torisel (Temsirolimus) von Pfizer betroffen – bei Letzterem nur das Verdünnungsmittel. In der kommenden Woche könnten laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weitere Warnhinweise für Arzneimittel zur Injektion oder Infusion folgen. Hintergrund sind „bedeutende Mängel“ bei der Guten Herstellungspraxis (GMP) bei der Boehringer-Tochter Ben Venue.
Anfang November hatten die britischen und französischen Aufsichtsbehörden zusammen mit der FDA die Produktionsstätte von Ben Venue in Ohio inspiziert. Dabei waren verschiedene Mängel festgestellt worden, insbesondere im Zusammenhang mit der aseptischen Abfüllung. Ben Venue ist einer der größten Hersteller von Injektabilia – entsprechend viele Arzneimittel waren betroffen.
Zunächst wurden vorsorglich Busilvex (Busulfan, Pierre Fabre), Velcade (Bortezomib, Janssen-Cilag) sowie Vidaza (Azacitidin, Celgene) zurückgerufen. Die Produkte werden mittlerweile von anderen Lohnherstellern produziert; laut Europäischer Arzneimittelagentur EMA sind keine Lieferengpässe zu befürchten. Dagegen war bei Caelyx (pegyliertes liposomales Doxorubicin, Janssen-Cilag) zunächst keine andere Ware zu bekommen; die Behörden hatten Ärzten empfehlen müssen, keine Patienten neu mit dem Zytostatikum zu behandeln. Beim Virostatikum Vistide (Cidofovir, Gilead) gab es keine Probleme, da die Infusion offenbar in einem nachgelagerten Schritt sterilisiert wird.
Warum jetzt neue Präparate dazu gekommen sind, war zunächst nicht zu klären. Ärzte und Apotheker sollen auf Partikelverunreinigungen in den Durchstechflaschen von Ceplene und dem Verdünnungsmittel bei Torisel achten. Einen Rückruf gibt es aber bislang nicht. Die EMA will am späten Nachmittag eine Erklärung herausgeben. Bei Boehringer wollte man zu den Vorfällen keine Stellung nehmen: Da eine ausländische Tochtergesellschaft betroffen sei, könne man in Deutschland keine Auskunft geben, sagte ein Konzernsprecher.
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