BMG scheitert mit Klage gegen G-BA APOTHEKE ADHOC, 28.05.2015 13:21 Uhr
Glinide sollen künftig endgültig nicht mehr zu Lasten der Kassen verordnungsfähig sein. Das hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zwar bereits 2010 beschlossen, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte diese Entscheidung allerdings beanstandet. Zu Unrecht, hat nun das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) in erster Instanz entschieden.
Der G-BA hatte im Juni 2010 orale Antidiabetika der Wirkstoffgruppen Glinide und Glitazone aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen. Obwohl die Substanzen bereits seit neun Jahren auf dem Markt seien, fehle ein Nutzennachweis in Form von evidenzbasierten klinischen Studien, hatte der G-BA begründet. Für Diabetiker mit schweren Nierenfunktionsstörungen wurde eine Ausnahmeregelung getroffen – ihnen sollte der Wirkstoff Repaglinid weiterhin verordnet werden.
Das BMG hatte diese Entscheidung kritisiert und wollte genauer wissen, warum der G-BA die Glinide von der Erstattung ausschließen will. Das Ministerium hatte daher im August um zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen gebeten. Es war bereits die dritte Entscheidung des G-BA zur Diabetestherapie, die das BMG 2010 monierte. Im Mai hatte das Ministerium eine Stellungnahme zum geplanten Ausschluss lang wirksamer Insulinanaloga zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern angefordert, im August wurde auch zur Streichung der Glitazone nachgefragt.
Allerdings war das BMG mit der ersten Antwort des G-BA nicht zufrieden und forderte im Oktober eine weitere Stellungnahme. In diesem Schreiben ging das Ministerium vor allem auf wirtschaftliche Aspekte ein. Der G-BA sollte angeben, mit welchen Einsparungen die Kassen durch den Ausschluss der Glinide rechnen können. In seiner ersten Antwort sei das Gremium auf diese Frage nicht eingegangen.
Ende Februar 2011 schließlich – BMG und G-BA hatten sich immer noch nicht geeinigt – beanstandete das Ministerium den Beschluss, die beiden Antidiabetika NovoNorm (Repaglinid) von NovoNordisk sowie Starlix (Nateglinid) von Novartis von der Erstattung auszuschließen. Es fehlten Belege für die Unzweckmäßigkeit der Glinide gegenüber therapeutischen Alternativen, kritisierte das BMG. Diese hätte der G-BA auch nach mehrmaligen Aufforderungen nicht vorgelegt. Ein Verordnungsausschluss könne sich aber nicht darauf stützen, dass ein Nutzen für die Glinide nicht nachgewiesen sei.
Dagegen reichte der G-BA Klage beim LSG ein und bekam nun recht. Aus Sicht der Richter hatte das BMG seine Kritik zu spät vorgebracht, nämlich nicht innerhalb der vorgegebenen Frist von zwei Monaten. Daher halten die Richter die Beanstandung schon für formell rechtswidrig.
Die Richter kritisieren, das Ministerium habe versucht, die Beanstandung bis nach Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) im Januar 2011 zu verzögern. Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) wurde zugelassen. Bei den Glitazonen hat sich der G-BA schließlich durchgesetzt: Pioglitazon und Rosiglitazon sind von der Verordnung ausgeschlossen.