Ginkgo-Präparate

Angriff auf Tebonin

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Berlin -

Komfortzone war gestern: Schwabe bekommt bei Tebonin Konkurrenz. Auf Grundlage einer neuen EU-Monographie haben bereits die ersten Generikahersteller entsprechende Produkte auf den Markt gebracht, weitere könnten folgen. Für den Hersteller aus Karlsruhe geht eine Ära zu Ende, in der er seine Investitionen in die Erforschung des Extrakts erfolgreich verteidigt hat.

Bei pflanzlichen Arzneimitteln gibt es keine Wirkstoffpatente; vielmehr sind Herstellungsverfahren und Unterlagen für einen gewissen Zeitraum geschützt. Bei Ginkgo haben es die Unternehmen künftig deutlich einfacher, auf den Markt zu kommen. Denn Anfang 2015 verabschiedete das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine Monographie zu der Arzneidroge.

Alle Hersteller, die dieselben Pflanzenarten und -teile verwenden und sich bei der Extraktion an die Vorgaben halten, können sich bei ihrem Zulassungsantrag auf den Standard beziehen. Da parallel auch verschiedene Patente zum Extraktionsverfahren abgelaufen sind, ist das Original faktisch nicht mehr geschützt.

Als erster Anbieter hat es der Dienstleister Midas durch die Zulassungsverfahren geschafft. Im Januar konnten auf dieser Grundlage Aliud und Stada entsprechende Generika einführen. Heumann kam mit Ginkgovital in den Markt zurück, von 1995 bis 1999 hatte der Hersteller aus Nürnberg einen Ginkgo-Extrakt im Sortiment. Vor wenigen Wochen kam unter der Apothekenmarke Doppelherz system eine Variante von Queisser dazu.

Alle vier Hersteller beziehen sich auf die Zulassungen von Midas. Das 1988 von Karl-Heinz Schleicher gegründete Unternehmen mit Sitz in Ingelheim beschäftigt rund 180 Mitarbeiter in neun Ländern und bietet seinen Kunden von der Entwicklung, über die Herstellung bis zur Zulassung ein breites Spektrum an Dienstleistungen und pharmazeutischen Produkten rund um Wirkstoffe und Fertigarzneimittel. Hergestellt werden die Ginkgo-Produkte bei zur Aenova-Gruppe gehörenden Lohnherstellern. Wer den Extrakt liefert, ist nicht bekannt.

Die Newcomer könnten den Markt gehörig durcheinander bringen. Von den zuletzt 195 Millionen Euro Umsatz auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) entfallen 46 Prozent auf Tebonin. Neben den Varianten mit 40, 80 und 120 mg gibt es seit 2008 „Tebonin konzent“ mit 240 mg und seit 2013 „Tebonin 120 mg bei Ohrgeräuschen“. Laut Insight Health ist Tebonin die Nummer 2 unter den OTC-Produkten im Versandhandel; fast ein Viertel des Umsatzes entfällt bei dem Schwabe-Produkt auf diesen Vertriebskanal.

Gingium (Hexal) kommt auf 31 Prozent, Ginkobil Ratiopharm auf 16 Prozent und Ginkgo-Maren (Krewel Meuselbach) auf 3 Prozent. Der Rest verteilt sich auf Produkte wie Binko (Neuraxpharm), Gingiloba (1A), Ginkgo Sandoz, Kaveri (Klosterfrau) und die Schwabe-Zweitmarken Rökan und Craton.

Preislich liegen die Neueinführungen teilweise deutlich unter dem Bestandsmarkt: Schwabe ruft für die 120er Packung à 120 mg einen AVP von rund 95 Euro auf, Gingium kostet 90 Euro, Ginkobil und Kaveri kosten rund 85 Euro. Ginkgo-Maren war mit 80 Euro in diesem Bereich bislang das preiswerteste Produkt. Hier sind Stada und Aliud angesiedelt, Ginkgovital ist mit 85 Euro etwas teurer.

Absoluter Preisbrecher ist Queisser: Die Doppelherz-Variante kostet 61 Euro und damit ein Drittel weniger als das Original. Für den Hersteller aus Flensburg ist das Ginkgo-Medikament das teuerste Produkt im Sortiment überhaupt – und eine gute Revanche im Streit mit Schwabe.

Der Tebonin-Hersteller, der seit Jahren gegen eine Trivialisierung von Ginkgo-Präparaten kämpft, will bei „Doppelherz aktiv Ginkgo + B-Vitamine + Cholin“ wenigstens den Claim „für Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis“ verbieten lassen – bislang ohne Erfolg. Das Nahrungsergänzungsmittel kostet 6 Euro à 40 Kapseln.

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