Veränderung im Hormonstatus

Gestationsdiabetes: Metformin beeinflusst Gehirnentwicklung

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Berlin -

Immer mehr Frauen bekommen einen Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert. Waren es 2010 noch etwa 9 Prozent der Schwangeren, ist die Anzahl der Betroffenen 2020 bereits auf 15 Prozent angestiegen. Forschende nehmen an, dass dies damit zusammenhängen könnte, dass es immer mehr übergewichtige Schwangere gibt. Das Problem: Es wird häufiger Metformin verschrieben. Dabei ist bekannt, dass das orale Antidiabetikum die Plazentaschranke überwinden kann. In Folge kann sich dies auf die Gehirnentwicklung des Kindes auswirken.

Forschende des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) konnten in einem Mausmodell zeigen, dass Metformin sich einerseits zwar positiv auf schwangere Tiere auswirkt, jedoch nicht auf deren Nachkommen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Molecular Metabolism“ veröffentlicht.

Laut dem Robert Koch-Institut erhielten 2021 etwa 63.000 Frauen die Diagnose Gestationsdiabetes – Tendenz steigend. Die Stoffwechselstörung kann nicht nur für die Mutter negative Folgen haben, auch für das Ungeborene sind zu hohe Blutzuckerspiegel während der Schwangerschaft mit Risiken verbunden: Kinder haben ein höheres Risiko für Stoffwechselstörungen und Übergewicht, wenn die Schwangere unter Schwangerschaftsdiabetes litt.

Metformin als Add-on

Um die Gefahr von Folgeschäden einzudämmen, kann das plazentagängige orale Antidiabetikum Metformin eine zusätzliche Option zu Insulin darstellen und ermöglicht als Add-on eine Reduktion der Insulindosis. Über die langfristige Wirkung von Metformin auf die Gesundheit der Nachkommen ist jedoch bislang eher wenig bekannt, da es nur wenige Studien hierzu gibt. „Bekannt ist, dass Metformin auf den AMPK-Signalweg wirkt, welcher während der Gehirnentwicklung die Vernetzung der Nervenzellen steuert“, so die Forschenden. Die Europäische Arzneimittelkommission (EMA) hat Metformin im März 2022 für die Behandlung in der Schwangerschaft zugelassen.

Dr. Rachel Lippert untersuchte mit ihrem Team zwei zentrale Fragen:

  • Ist eine Behandlung mit Metformin nur für die Mutter oder auch für das Kind hilfreich?
  • Führt die Behandlung mit Metformin zu langfristigen negativen physiologischen Veränderungen bei den Nachkommen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung der neuronalen Schaltkreise im Hypothalamus, einer kritischen Region für die Regulation des Energiehaushaltes?

Die Forschenden nutzten hierfür zwei Mausmodelle, in denen die Hauptursachen für Schwangerschaftsdiabetes vorkamen:

  • starkes Übergewicht der Mutter vor der Schwangerschaft
  • übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft

Durch spezielle Hochfett- bzw. Kontrolldiäten der Tiere konnten die jeweiligen Stoffwechselzustände hergestellt werden. Die antidiabetische Behandlung der weiblichen Mäuse und deren Nachkommen erfolgte während der Stillzeit. Diese entspricht hinsichtlich der Gehirnentwicklung dem dritten Trimester der menschlichen Schwangerschaft.

Die Tiere bekamen jeweils entweder Insulin, Metformin oder ein Placebo. Die Dosierung war dabei an die menschlichen Standardtherapien angepasst. Analysiert wurden Daten wie Körpergewicht der Mäuse, verschiedene Stoffwechselparameter und Hormone, sowie molekulare Signalwege im Hypothalamus.

Stoffwechselstatus entscheidend

„Infolge der antidiabetischen Behandlung in der frühen postnatalen Phase konnten wir Veränderungen im Gewichtszuwachs und im Hormonstatus der Nachkommen identifizieren, die entscheidend vom metabolischen Zustand der Mutter abhängig waren“, so Lippert. Darüber hinaus zeigten sich geschlechtsspezifische Veränderungen in der hypothalamischen AMPK-Signalgebung als Reaktion auf die Metformin-Exposition, so die Forscherin. „Zusammen mit der Metformin-induzierten Verschiebung der untersuchten Hormonspiegel deuten die Ergebnisse darauf hin, dass vor Beginn einer Therapie des Schwangerschaftsdiabetes der mütterliche Stoffwechselstatus berücksichtigt werden muss“, so Lippert.

„Die Therapie eines Schwangerschaftsdiabetes könnte zukünftig darin liegen, eine für alle zugängliche und nicht plazentagängige Medikation zu entwickeln“, so die Forscherin. „Angesichts der steigenden Prävalenz sind die Aufklärung über Schwangerschaftsdiabetes und präventive Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Wenn wir einen Weg finden, den Lebensstil und die Ernährung proaktiver zu gestalten, können wir das Potenzial zur Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes besser ausschöpfen“, so Lippert.

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