Gerinnungshemmer

Idarucizumab gegen Pradaxa APOTHEKE ADHOC, 03.03.2015 14:59 Uhr

Berlin - 

Die Behandlung mit dem Gerinnungshemmer Pradaxa (Dabigatran) könnte bald sicherer werden. Der Hersteller Boehringer Ingelheim hat in Europa, den USA und Kanada die beschleunigte Zulassung für das Antidot Idarucizumab beantragt. Das Antikörperfragment neutralisiert die Wirkung des Thrombininhibitors und soll in seltenen Notfallsituationen eingesetzt werden.

Die Anträge basieren auf den Ergebnissen klinischer Studien zu Idarucizumab mit 145 Freiwilligen, einschließlich Probanden mittleren und höheren Alters sowie solchen mit Nierenfunktionseinschränkungen. Die Studienteilnehmer hatten über vier Tage zweimal täglich 220 Milligramm Pradaxa erhalten. Anschließend erhielten sie in einer fünfminütigen Infusion das Antidot in einer von drei unterschiedlichen Dosierungen – ein, zwei oder vier Milligramm.

Die Ergebnisse zeigten die sofortige, vollständige und anhaltende Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung von Dabigatran durch Idarucizumab ohne die Gefahr einer gegensätzlichen Blutgerinnselbildung, so Boehringer. Alle Dosierungen seien gut verträglich gewesen und hätten zur Aufhebung der Wirkung von Dabigatran geführt. Wurden zwei oder vier Milligramm verabreicht, hielt die aufhebende Wirkung über einen Zeitraum von mehr als zwölf Stunden nach der Infusion an.

Außerdem nehmen die Anträge Bezug auf erste vorläufige Daten einer laufenden Phase-III-Studie, bei der die Wirkung von Idarucizumab bei Dabigatran-Patienten, die eine notfallmäßige Operation oder Intervention benötigen oder bei denen unkontrollierte oder lebensbedrohliche Blutungskomplikationen auftreten, untersucht wird.

Die Sicherheit von Pradaxa war vielfach diskutiert worden, besonders problematisch war das fehlende Gegenmittel. Dabigatran bindet direkt an Thrombin und verhindert so die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin. Die herkömmlichen Antidote wie Vitamin K, Prothrombinkomplexfaktoren-Konzentrate (PPSB-Konzentrate) und gefrorenes Frischplasma (FFP) wirken daher nicht. Bislang konnten nur rekombinanter Faktor VIIa oder aktivierte Prothrombinkomplex-Präparate unspezifisch zur Behandlung in Betracht gezogen werden.

Erschwerend kam hinzu, dass Gerinnungstests nur bedingt geeignet sind, um den Wirkspiegel zu messen, und dass Dabigatran – anders als Xarelto (Rivaroxaban, Bayer) und Eliquis (Apixaban, Pfizer/BMS) – überwiegend renal ausgeschieden wird. Daher ist Pradaxa bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen kontraindiziert. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hatten Behandlungshinweise für Ärzte herausgegeben.

Im Sommer hatte Boehringer einen Vergleich über 650 Millionen US-Dollar (rund 470 Millionen Euro) geschlossen, um 4000 Klagen in den USA wegen tödlicher Blutungen beizulegen.

Für die beiden Faktor-Xa-Hemmer Xarelto und Eliquis werden ebenfalls spezifische Antidote gesucht. Auch bei Bayer gibt es Verfahren wegen der Nebenwirkungen.