Genforschung

Gentherapie gegen Behinderung dpa, 17.05.2012 10:19 Uhr

Berlin - 

Kinder mit einem bestimmten Enzymdefekt haben schwerste Entwicklungs- und Bewegungsstörungen. Taiwanesische Wissenschaftler haben nun bei vier Kindern einen Versuch mit einer Gentherapie unternommen und Erfolge erzielt. Die Forscher von der Nationalen Universität in Taiwan haben die Ergebnisse US-Fachjournal „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.

Die vier taiwanesischen Kinder leiden an einem Enzymdefekt, der zu Entwicklungsstörungen vor allem der Motorik führt. Mithilfe von Viren schleusten die Forscher ein menschliches Gen in das Gehirn der Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren ein. Ein Kind konnte 16 Monate später stehen, die anderen drei nach einigen Monaten mit Unterstützung sitzen.

Bei allen Patienten traten als Nebenwirkung reversible unkontrollierte plötzliche Bewegungen auf, unter anderem im Gesicht. Ein Kind hatte über einige Monate Atemaussetzer, eines musste einige Zeit durch eine Sonde ernährt werden. Vor der Gentherapie waren alle Kinder bettlägerig, und konnten ihren Kopf nicht halten oder sprechen.

 

 

Bei der seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankung handelt es sich um den Mangel an aromatischer L-Aminosäure-Decarboxylase. Ein Defekt in einem Gen führt dazu, dass die Produktion der wichtigen Nervenbotenstoffe Dopamin und Serotonin gestört ist. Die Symptome bei den Kindern sind unterschiedlich. „Dazu gehören schwerste geistige Entwicklungsverzögerungen und Bewegungsstörungen durch schlaffe oder steife Muskeln, ähnlich einem Parkinson bei Erwachsenen. Die Kinder haben keinen Tag-/Nachtrhythmus, schreien viel und verdrehen krampfhaft die Augen“, sagte Professor Dr. Georg Hoffmann vom Universitätsklinikum Heidelberg.

In dieser ersten klinischen Studie verwendeten die Wissenschaftler Adenoviren als Genfähren für AADC. Die Mediziner injizierten sie in die Hirnregion namens Putamen, die an der Kontrolle von Bewegungsabläufen beteiligt ist. Sie schränken selbst ein, dass noch überprüft werden muss, welche Menge an dem Adenoviren-AADC-Gemisch nötig ist, um dauerhafte Erfolge zu erzielen. Darüber hinaus habe Dopamin Funktionen in anderen Hirnregionen, und es müsse ermittelt werden, wie die Gentherapie am besten verabreicht werden könne. Die Kinder entwickelten allerdings Antikörper gegen die Viren, so dass eine zweite Gabe bei ihnen problematisch werden könnte.