Brustkrebs

Gentests sollen Chemotherapie ersparen dpa, 04.06.2012 15:12 Uhr

Berlin - 

Gentests, die das Rückfallrisiko für Krebspatienten analysieren, sind in der deutschen Fachwelt umstritten. Sie sind teuer und lassen sich nicht bei allen Krebsarten anwenden. Bei Brustkrebs, der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen, sind Spezialisten vom Nutzen der neuen Möglichkeiten allerdings überzeugt: „Wenn wir prognostische Tests wie Gentests konsequent einsetzten, könnte man in Deutschland bei Brustkrebs 5000 bis 10.000 Frauen im Jahr eine Chemotherapie ersparen“, sagt Professor Dr. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums der Universität München.

Bei rund 60.000 Neuerkrankungen im Jahr sei diese Zahl hoch. Helfen könnten Gentests rund 50 Prozent der Patientinnen, bei denen die Pathologie das Rückfallrisiko mit herkömmlichen Methoden nicht einschätzen könne.

Professor Dr. Kurt Possinger, Krebsspezialist an der Berliner Charité, sieht die Grenzen der Tests_ „Sie sind alle Schritte in die richtige Richtung. Aber das ist so, als ob wir bei einem 100-Meter-Lauf nach 50 oder 60 Metern entscheiden sollen, wer gewinnt.“ Kein Test sei bisher perfekt. Deshalb bleibe die Chemotherapie die Basis der Therapieform.

 

 

Studien und Finanzierbarkeit dürften in Zukunft entscheiden, ob sich die Tests als Kassenleistung durchsetzen. Professor Dr. Werner Schlake, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Pathologen, macht dabei eine Gegenrechnung auf. „Eine Chemotherapie kostet 10.000 bis 20.000 Euro, ein Gentest bis zu 3000 Euro“, sagt er. Der Verzicht auf die Chemo könne also sogar Geld sparen. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Ein Teil der Brustkrebspatientinnen wird immer eine Chemo brauchen, weil ihr Krebs zu aggressiv ist. Für diese Erkenntnis braucht man keine Genanalyse.

Harbeck schätzt aber, dass sich die Tests bei 40 bis 50 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen lohnen würden. Nach dem Check gehören zur Entscheidungsfindung auch Rechenexempel. Eine Chemotherapie verbessere die Heilungschancen in der Regel um ein Viertel, sagt die Ärztin. Weist der Gentest ein Rückfallrisiko von 10 Prozent aus, verbessere eine Frau nach einer Brustkrebs-OP ihre Heilungschancen also nur um 2,5 Prozent. „Wenn sie aber ein Rückfallrisiko von 40 Prozent hat, verbessern sich die Chancen um 10 Prozent. Das ist viel“, erläutert Harbeck.

Dreh- und Angelpunkt bei einer Entscheidung bleibt das Gespräch zwischen Medizinern und Patientin. Denn Frauen nach einer Brustkrebs-OP können nur eine Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie treffen, wenn sie umfassend, neutral und verständlich informiert werden.