Die Nebenwirkungen von Arzneimitteln sollten nicht unterschätzt werden. In einige Fällen kann die Einnahme mit einer schweren Schädigung der Leber einhergehen. Um ein solches Risiko bereits vor der Einnahme zu ermitteln, wollen Forscher der Städtischen Universität Yokohama nun einen Gentest entdeckt haben. Durch ihn könnten potenzielle Schäden in Zukunft vermieden werden.
Der von den Wissenschaftlern vorgestellte Gentest soll den „polygenen Risikoscore“ ermitteln. Dieser soll Aufschluss darüber geben, ob ein Medikament vertragen wird oder es bei Einnahme die Leber schädigen kann. Denn sie sogenannte arzneimittelinduzierte Hepatotoxität kann schwere oder gar tödliche Folgeschäden mit sich bringen – sie ist jedoch aufgrund komplexer Stoffwechselprozesse und des genetischen Einflusses nur schwer kalkulierbar. In der Vergangenheit mussten schon häufiger Arzneimittel aufgrund des hohen Risikos für Leberschäden vom Markt genommen werden.
Grundlage für die Entwicklung des polygenen Risikoscores sind hunderte genomweite Assoziationsstudien: Dabei ermittelten die Forscher rund 20.000 Genvarianten, die das Risiko einer arzneimittelinduzierten Hepatotoxität beeinflussen. Der Score wurde schließlich an zahlreichen Wirkstoffen getestet. Dabei war er in der Lage zu erkennen, ob bei der jeweiligen Medikamenten-Einnahme das Risiko für Leberschäden erhöht ist. Getestet wurde der Score an den Wirkstoffen Amoxicillin-Clavulanat, Bosentan, Carbamazepin, Ciclosporin, Diclofenac, Flutamid, Ketoconazol, Methapyrilen, Paracetamol, Tacrin, Tolcapon und Troglitazon.
Bei einer Zulassung des Tests könnten Patienten vor Leberschäden geschützt werden, indem Ärzte vor der Verordnung ermitteln, ob ein erhöhtes Risiko für eine arzneimittelinduzierte Hepatotoxität vorliegt. Ist die Einnahme dennoch notwendig, so können gegebenenfalls die Intervalle von Kontrolluntersuchungen oder auch die Dosierungen der Wirkstoffe entsprechend angepasst werden und Leberschäden bereits in einem frühen Stadium ermittelt werden.
Grund für das mögliche Risiko von Leberschäden ist, dass die peroral verabreichten Arzneistoffe in den systemischen Blutkreislauf gelangen müssen, um Effekte am Wirkort zu entfalten. Der sogenannte First-Pass-Effekt – die erste Leberpassage – ermöglicht dies. Wirkstoffe wie Paracetamol werden hepatisch metabolisiert und haben eine geringe therapeutische Breite. Daher können bei langfristiger Einnahme oder in hohen Dosierungen lebertoxische Wirkungen auftreten.
Die Leber befindet sich, geschützt unter den Rippen, im rechten Oberbauch. Sie reguliert den Eiweiß-, Fett- und Zuckerstoffwechsel sowie den Mineral-, Vitamin- und Hormonhaushalt. Die Leber ist aber nicht nur ein zentrales Stoffwechsel-, sondern auch ein Speicherorgan. Als Stoffwechseldepot sorgt sie für Reserven im Organismus. Sie speichert beispielsweise fettlösliche Vitamine und auch Mineralstoffe. Dadurch kann sich das Organ im Notfall aus diesem Pool bedienen. Weiterhin übernimmt sie auch die Entgiftung und verhindert, dass Erreger und Schadstoffe in den Blutkreislauf gelangen. Über die Galle scheidet die Leber außerdem Substanzen wie Bilirubin, Cholesterin sowie Arzneistoffe und ihre Metabolite aus.
Bestimmte Leberwerte können Aufschluss über die Funktionsfähigkeit der Leber und Hepatozyten geben. Hinweise zu Störungen in den Leberzellen können unter anderem die Alanin-Aminotransferase (ALAT), Aspartat-Aminotransferase (ASAT) und γ-Glutamyltransferase (Gamma-GT) und der Eisenwert geben. Bilirubin, Alkalische Phosphatase, Gesamt-, LDL- und HDL-Cholesterin können als Indikatoren für Unstimmigkeiten in der Ausscheidungsleistung dienen. Die Syntheseleistung können über die Thromboplastinzeit, Cholinesterase, Albumin und Gesamteiweiß beurteilt werden. Bestimmte Störungen der metabolischen Leistung sind über den Ammoniak-Wert festzustellen. Häufige Lebererkrankungen sind Hepatitis, Leberzirrhose, Fettleber und Leberkrebs.
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