Genforschung

Fossile Viren-DNA steuert Immunantwort

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Berlin -

Das menschliche Genom ist gespickt mit DNA, die ursprünglich aus Viren stammt und die im Laufe der Zeit integriert wurden. US-Forscher haben jetzt herausgefunden, dass die Virenreste wichtige Funktionen in der Immunabwehr übernommen haben.

2003 war im Rahmen des Humangenomprojekts erkannt worden, dass ungefähr 8 Prozent des menschlichen Genoms erst im Laufe der Zeit durch die Integration von viraler DNA entstanden sind. Endogene Retroviren haben ihre Erbinformation über viele Jahrtausende in den Menschen eingeschleust – ohne Schäden zu verursachen. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben diese DNA-Schnipsel sogar positive Wirkungen, anderenfalls wären sie wieder aus dem menschlichen Genom verschwunden. Welche Funktionen der Mensch allerdings durch die Erbinformation der Viren erworben hat, blieb lange unklar.

Forscher der Universität Utah konnten nun zeigen, dass einige Retroviren offenbar eine der grundlegenden Funktionen in der Immunantwort der Zellen übernommen haben. Die Viren-DNA ist demnach wichtig, um Angriffe von Krankheitserregern schnell und effektiv abzuwehren, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Science“. Entfernt man sie, wird das Immunsystem lahmgelegt.

Bei Labortests fiel den Forschern auf, dass sich die virale DNA nicht beliebig in die menschliche Erbinformation integriert hat, sondern dass die fossile DNA geballt auftaucht – meist in der Nähe von Genen, die die Immunantwort steuern. Also könnten auch die Retroviren in das Immunsystem eingreifen, schlussfolgerten die Forscher.

Um ihre Annahme zu prüfen, entfernten die Wissenschaftler in einer Zellkultur die Virensequenzen aus der DNA und beobachteten die Reaktion der Zellen auf eindringende Infektionsherde. Es zeigte sich, dass alle infizierten Zellen – sowohl mit als auch ohne virale DNA – Interferone ausschütteten, molekulare Signale, die normalerweise eine Hundertschaft von Immungenen aktivieren. Zellen ohne virale DNA-Schnipsel jedoch reagierten nicht auf das Interferon.

Die Virenreste fungieren demnach als Schalter für die Immunantwort der Zelle, schlossen die Forscher. Die Interferon-Ausschüttung sei wie ein Alarmsystem der Zelle, auf das die uralte virale DNA mit der Aktivierung weiterer Entzündungsmediatoren reagiere. Somit werde die Immunantwort überhaupt erst ermöglicht, so die Wissenschaftler.

Dass die Viren-DNA aus reinem Zufall von der menschlichen Zelle übernommen wurde, glauben die Forscher nicht. Die Immunabwehr sei ständig unter Beschuss von Krankheitserregern, die sich schnell anpassten. Damit habe auch der Mensch mithalten müssen – offenbar habe die Evolution einfach das genetische Material von Viren umgerüstet. Die Forscher wollen nun ähnliche Versuche an humanisierten Mäusen durchführen und ihre Erkenntnisse in vivo bestätigen.

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