Keine Wirkung ohne Nebenwirkung: Welche unerwünschten Arzneimittelwirkungen von freiverkäuflichen Schmerzmitteln ausgehen können, zeigt ein Beitrag des Magazins „Gesundheit!” des Bayerischen Rundfunks (BR).
Die Deutschen gaben im Jahr 2016 laut BR 527 Millionen Euro für Schmerzmittel aus – ein gefährlicher Trend. Topseller der Deutschen ist mit Abstand Ibuprofen. Das nicht-steroidale Antirheumatikum (NSAR) kommt auf etwa 264 Millionen Euro, gefolgt von Acetylsalicylsäure (ASS) mit etwa 163 Millionen Euro und Paracetamol mit etwa 134 Millionen Euro. Diclofenac kommt mit etwa 33 Millionen Euro auf den 4. Platz.
Die Wahl des Schmerzmittels sei individuell und könne von Gewohnheiten und Vorlieben bestimmt sein, heißt es im Beitrag. Apotheker und Ärzte warnten jedoch: Schmerzmittel sei nicht gleich Schmerzmittel. Wirkungen und Nebenwirkungen seien verschieden. „Man meint immer, die Schmerzmittel sind alle gleich. Doch das sind sie nicht. Sie haben andere Wirkungen und andere Nebenwirkungen, daher ist es wichtig zu wissen, welches wofür geeignet ist“, wird Apothekerin Dr. Silvia Sagner-Grehn aus München zitiert. Man müsse wissen für wen und wofür das Analgetikum eingesetzt werden soll. „Denn nicht jeder Wirkstoff passt zu jedem Schmerz.“
Die OTC-Analgetika könnten etwa Magen-Darm-Blutungen, Magengeschwüre, Schwindel, chronische Kopfschmerzen sowie Leber- und Nierenschäden verursachen. Gezeigt werden zwei Betroffene, die aufgrund einer Migräne zu häufig zu Schmerzmittel griffen.
ASS könne bei Spannungskopfschmerz und Migräne eingenommen werden. Bei Zahn- und Regelschmerzen sei der Wirkstoff nicht zu empfehlen, da dieser das Blutungsrisiko erhöhe. Außerdem könne das NSAR die Magenschleimhaut schädigen, der Effekt könne auf die Hemmung der Cyclooxygenasen zurückgeführt werden. „ASS hemmt die Blutgerinnung auf der einen Seite. Auf der anderen Seite führt es zu einer Schädigung der Magenschleimhaut. Und in der Summe kommt es dann zu Blutungen im Gastrointestinaltrakt“, erklärt der Schmerzmediziner Dr. Bernhard Arnold vom Helios Amper-Klinikum in Dachau. Dass ASS zu schweren Blutungen führe, sei keine Seltenheit.
Gefahren gehen auch von Diclofenac aus, das bei Entzündungen, Rheuma, Rückenschmerzen und Sportverletzungen empfohlen werde. Nicht geeignet sei der Wirkstoff bei Magenbeschwerden, Herzinfarkt oder Schlaganfall, denn Diclofenac greife ebenfalls die Magenschleimhaut an. Erst in den letzten Jahren zeigte sich bei Risikopatienten eine erhöhte Rate an Herzinfarkten, erklärt der Mediziner.
Ibuprofen könne bei einer Vielzahl von Beschwerden wie Entzündungen, Rheuma, Zahn- und Regelschmerzen eingesetzt werden. Der Wirkstoff sei jedoch nicht bei Nierenschwäche, Herzinfarkt oder Schlaganfall geeignet. Besser verträglich sei Paracetamol. Der Wirkstoff sei zwar für Schwangere zugelassen, stehe jedoch in der Diskussion fruchtschädigend zu sein. Sicher sei jedoch, dass Paracetamol gegen Kopf-, Zahn- und Regelschmerzen eingesetzt werden könne und in hohen Dosen leberschädigend sei. Sind bei den Betroffenen Leberschäden bekannt, ist von der Einnahme von Paracetamol abzuraten.
Von allen Schmerzmitteln gehe die Gefahr eines chronischen Kopfschmerzes aus. Die dauerhafte Einnahme könne zu einer Abhängig führen, die mit einer Umkehr der Schmerzmittelwirkung einhergehe. Die Rede ist vom schmerzmittelinduzierten Kopfschmerz. Auch Dr. Heinz-Wilhelm Esser warnte im WDR-Gesundheitscheck vor einem übermäßigen Gebrauch. Ein Entzug sei der Weg aus der Abhängigkeit. OTC-Analgetika sind demnach keineswegs harmlos. Das Fazit des Beitrags: „OTC-Schmerzmittel können ein Segen sein, aber nur bei verantwortungsvoller Einnahme“.
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