Fünf Tropfen vor dem Bundesverwaltungsgericht Janina Rauers, 06.10.2011 09:27 Uhr
Noch immer beschäftigen Nachzulassungen für sogenannte Altarzneimittel - also Medikamente, die vor dem ersten Arzneimittelgesetz auf den Markt waren - die Gerichte. In einem Musterprozess klagt der Phytohersteller Hevert gegen einen Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es geht um „Vertigo Hevert Tropfen“: Die Behörde hatte zwar die Zulassung für das Präparat erteilt, pochte aber auf eine Änderung bei der Dosierung.
In ihrem Bescheid vom Oktober 2004 teilte das BfArM mit, dass in der Packungsbeilage höchstens 5 Tropfen pro Einnahme angegeben werden dürfen. Die Behörde bezog sich auf neue Empfehlungen der „Kommission D“, die beim BfArM für die homöopathische Therapierichtung zuständig ist.
Hevert selbst empfiehlt die Einnahme von 10 Tropfen - und kann die Änderung durch die Behörde nicht verstehen: „Mit der neuen Dosierung ist die Wirksamkeit im Bereich der Selbstmedikation zumindest teilweise in Frage gestellt“, sagt Dr. Jan-Christoph Wollmann, Leiter des Bereichs Wissenschaft und Zulassung. Die Kommission D habe die Vorgaben aus unklaren Gründen geändert - trotz steigender Abverkäufe habe es keine Hinweise auf mehr unerwünschte Wirkungen gegeben. Im Beipackzettel würden die Patienten außerdem darüber informiert, wann eine Dosisreduktion oder ein Arztbesuch notwendig sei.
„Vertigo Hevert“, bis vor fünf Jahren unter dem Namen „Glonoinum Vertigo“ vertrieben, ist nicht das einzige betroffene homöopathische Komplexmittel. Neben weiteren Hevert-Präparaten sind auch andere Hersteller vor Gericht gezogen - die Verfahren ruhen mit Blick auf den Musterprozess.
Der Fall lag bereits beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG): 2004 hatte Hevert vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Auflage des BfArM geklagt, hilfsweise auf Zulassung der beantragten Dosierung. Die Richter hatten sich noch mit medizinischen Aspekten auseinander gesetzt und waren zu dem Schluss gekommen, dass die niedrigere Dosierungsempfehlung Erstverschlimmerungen sowie zu hohe und zu häufige Einnahmen verhindern könne.
In zweiter Instanz folgte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster der Argumentation des Herstellers und kritisierte die fehlende Begründung des Kommissionsbeschlusses. 2009 verwies das BVerwG den Fall zurück ans OVG, das sich jetzt inhaltlich mit der Dosierungsempfehlung auseinandersetze - und dem BfArM Recht gab. Die Begründung steht noch aus; Hevert will Revisionsbeschwerde einlegen, da das Gericht keine Berufung zugelassen hat.