Nutzenbewertung

Bestnote für Giotrif, Niederlage für Xadago APOTHEKE ADHOC, 06.11.2015 13:57 Uhr

Berlin - 

Erheblich statt beträchtlich: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Giotrif (Afatinib) auf die Bestnote hochgestuft. Das Präparat wird zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem und/oder metastasiertem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) eingesetzt, bei denen eine aktivierende Mutation des EGF-Rezeptors nachgewiesen ist. Der Zusatznutzen ist allerdings beschränkt auf die Mutation Del19. Das Parkinsonmittel Xadago (Safinamid) fiel dagegen durch.

Der G-BA korrigierte damit seine Einschätzung für Giotrif aus dem vorherigen Jahr nach oben. 2014 wurde im Rahmen der ersten Nutzenbewertung für die Patienten mit Del19-Mutation nur ein beträchtlicher Zusatznutzen gesehen. Der Beschluss war aufgrund einer noch nicht abgeschlossenen klinischen Studie auf ein Jahr befristet. Hersteller Boehringer Ingelheim konnte nun weitere Daten vorlegen, die unter anderem eine umfangreiche Analyse zum Gesamtüberleben der Patienten beinhaltete.

Darin zeigte sich eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens unter Giotrif-Behandlung. Die Patienten überlebten im Median gut zwölf Monate länger als bei einer Therapie mit Cisplatin/Pemetrexed. Der G-BA bewertet dies als „nachhaltige und bisher nicht erreichte große Verbesserung des therapierelevanten Nutzens“ und vergab dementsprechend die Bestnote.

Für Patienten mit anderen Mutationen des EGF-Rezeptors korrigierte der G-BA seine Einschätzung aus dem Vorjahr allerdings nach unten. 2014 wurde für die betroffenen Patientengruppen noch ein geringer Zusatznutzen bescheinigt, jetzt zeigten die aktuellen Daten keine statistische Überlegenheit für das Gesamtüberleben, so der G-BA. Der Zusatznutzen für die betroffenen Patientengruppen gilt demnach als nicht belegt.

Seit September 2013 ist Giotrif für die Behandlung von nicht vorbehandelten Patienten mit NSCLC zugelassen, bei denen eine aktivierende Mutation des EGF-Rezeptors nachgewiesen ist. Auch in den USA ist das Medikament im Handel. Die US-Zulassung ist dabei auf zwei Mutationen (Del19 und L858R) beschränkt.

Afatinib ist der erste Wirkstoff, der EGF (ErbB1) sowie andere Tyrosinkinasen wie HER2 (ErbB2), ErbB3 und ErbB4 irreversibel blockiert. Die Rezeptoren der ErbB-Famile spielen eine wichtige Rolle bei Wachstum und Progression vieler Tumorerkrankungen.

Xadago hat die Hürde der frühen Nutzenbewertung hingegen nicht nehmen können. Schon im August hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in seinem Gutachten beanstandet, dass relevante Ergebnisse im Dossier nicht berücksichtigt worden waren. Außerdem fehlten Analysen zu schwerwiegenden Nebenwirkungen bei der Vergleichstherapie und zu Langzeitdaten. Der G-BA ist dieser Auffassung jetzt gefolgt und erkannte keinen Zusatznutzen für das Präparat des Herstellers Zambon. Damit ist erneut ein Medikament einer neuen Wirkstoffklasse aufgrund fehlender Studiendaten vor dem G-BA gescheitert.

Xadago ist seit Februar als Zusatztherapie zur Behandlung von mittleren bis späten Stadien von Parkinson bei Erwachsenen auf dem Markt. Die Effekte basieren laut Zambon auf der hochselektiven, reversiblen Hemmung von Monoaminooxidase-B (MAO-B) und der spannungsabhängigen Blockade von Natriumkanälen, durch die die Glutamat-Ausschüttung gehemmt wird. Das Präparat soll in Kombination mit Levodopa und gegebenenfalls weiteren Parkinsonmitteln dem Dopaminmangel im Gehirn entgegenwirken.

Als Vergleichstherapie war die Zusatztherapie mit einem Non-Ergot-Dopaminagonisten oder einem Catechol-O-Methyltransferase-Hemmer (COMT-Hemmer) oder einem MAO-B-Hemmer festgelegt worden. Grundlage sollte in beiden Gruppen die Gabe von Levodopa in Kombination mit einem Decarboxylase-Hemmer beziehungsweise unter Ausschöpfung aller medikamentösen Therapieoptionen die Symptomkontrolle mittels Tiefer Hirnstimulation.

Mangels direkt vergleichender Studien führte der Hersteller einen adjustierten indirekten Vergleich mit Studien durch, in denen entweder Safinamid oder der COMT-Hemmer Entacapon als zweckmäßige Vergleichstherapie jeweils gegen Placebo getestet worden waren. Die herangezogenen Studien bewertete der G-BA jedoch als unvollständig.