Antibiotika verändern Kinder-Stoffwechsel APOTHEKE ADHOC, 06.07.2015 09:04 Uhr
Eine Studie an Mäusen zeigt, dass die frühe Gabe von Antibiotika den Stoffwechsel und die Entwicklung von Kindern nachhaltig beeinflussen kann. Tiere, denen zu Lebensbeginn Antibiotika verabreicht wurden, wiesen ein stärkeres Knochenwachstum und Gewichtszunahme auf. Auch auf die Leber soll sich die frühe Exposition auswirken.
Eine Forschergruppe um Dr. Martin Blaser von der New York University School of Medicine (NYUMC) veröffentlichte ihre Studienergebnisse kürzlich im Fachblatt „Nature Communications“. Demnach lösten Antibiotika-Gaben bei jungen Mäusen nachhaltige Veränderungen im Organismus aus: Die Medikamente riefen verstärktes Knochenwachstum und Gewichtszunahme hervor und veränderten die Zusammensetzung der Darmflora. Die Gabe des Makrolid-Antibiotikums Tylosin steigerte außerdem das Risiko für eine Fettleber in späteren Jahren.
Die Wissenschaftler rekonstruierten in ihrem Versuch eine Antibiotika-Behandlung bei Kindern. Eingesetzt wurde das Breitbandantibiotikum Amoxicillin sowie Tylosin, das derzeit nur in der Veterinärmedizin und zur Forschung zugelassen ist. Da beide Antibiotika aber Wirkstoffklassen angehörten, die häufig bei Kindern zur Anwendung kommen, seien die Ergebnisse aussagekräftig in Bezug auf die Wirkung im frühen Lebensalter.
Die Forscher teilten die Mäuse in vier Gruppen ein und gaben die Mittel über mehrere Tage in einer therapieüblichen Dosis. Die erste Gruppe wurde mit Amoxicillin behandelt, das Mittel wurde ein- bis dreimal gegeben. Die zweite Gruppe wurde in gleichem Umfang mit Tylosin behandelt. Die dritte Gruppe erhielt beide Wirkstoffe im Wechsel, die Gabe erfolgte über die Muttermilch. Eine Kontrollgruppe erhielt keine Antibiotika.
Die Tylosin-Gruppe nahm deutlich an Fett- und Magermasse zu. Die Amoxicillin-Gruppe gewann nur an Magermasse. Darüberhinaus entwickelten die Mäuse unter Tylosin-Gabe deutlich häufiger eine Fettleber. Tylosin greift außerdem stärker in die Darmflora ein als Amoxicillin: Die Zusammensetzung der Darmbakterien wies deutliche Abweichungen gegenüber der Kontrollgruppe auf.
Der Stoffwechsel der Mäuse in der Tylosin-Gruppe wurde durch die Gabe sichtlich behäbiger: Während die Kontrollgruppe auf eine Umstellung der Ernährung auf eine fettreichere Diät schnell reagieren und eine Fetteinlagerung vermeiden konnten, hatten die Tylosin-behandelten Mäuse erst 90 Tage nach der letzten Dosis darauf eingestellt.
Die Wissenschaftler räumten ein, dass die Ergebnisse nicht uneingeschränkt auf den Menschen übertragbar seien. Die Studie zeige aber Parallelen zu anderen Untersuchungen, die sich mit der frühen Antibiotika-Behandlung von Kindern beschäftigten. Als Referenzen führen die Forscher vier Studien aus jüngerer Vergangenheit an: Trotz abweichenden Studiendesigns zeigten alle Ergebnisse ein erhöhtes Adipositas-Risiko bei Kindern, die schon früh mit Antibiotika behandelt wurden.