Manche Tumorarten können direkt die Produktion von Keimzellen beeinträchtigen. Oft steigern aber Krebstherapien selbst das Risiko einer Unfruchtbarkeit. Wissenschaftler der Goethe-Universität haben nun in Kooperation mit italienischen Kollegen den Mechanismus für die Unfruchtbarkeit durch eine Chemotherapie bei Frauen entschlüsselt.
Tumorzellen teilen sich in der Regel häufiger als die meisten gesunden Zellen und reagieren empfindlicher auf DNA-schädigende Substanzen wie Zytostatika. Eine Ausnahme bilden die weiblichen Eizellen: Um Gendefekte beim Nachwuchs möglichst gering zu halten, leiten sie bei DNA-Schädigungen den programmierten Zelltod ein. Dieser Vorgang wird in den Oozyten vom Tumorprotein p63 gesteuert, das bei der Entstehung der Unfruchtbarkeit eine Schlüsselrolle spielt.
Das Team um Professor Dr. Volker Dötsch vom Institut für Biophysikalische Chemie der Goethe-Universität Frankfurt berichtet im Fachjournal „Nature Structural and Molecular Biology“, wie es zum vorzeitigen Absterben der Eizellen während einer Chemotherapie kommt. Die Wissenschaftler entschlüsselten die dazugehörigen molekularen Mechanismen und die beteiligten Enzyme CHEK2 (Checkpoint Kinase 2) und CK1 (Casein Kinase 1) in in vitro-Untersuchungen.
Der Fokus ihrer Untersuchungen lag auf p63: In funktionsfähigen Eizellen liegt das Protein in einer inaktiven Konformation vor. Äußere Einflüsse wie Radio- oder Chemotherapie führen mittels Phosphorylierung zu einer Aktivierung. Die aktive Form von p63 kurbelt wiederum einen Signalweg an, der die Apoptose der Eizelle einleitet.
Künftig könnten die Studienergebnisse für die Entwicklung fertilitätsproduktiver Therapien genutzt werden, in dem die identifizierten Schlüsselenzyme durch Inhibitoren blockiert werden. An Labortieren beobachteten die Forscher nämlich, dass die Hemmung von CK1 primäre Oozyten vor Doxorubicin und Cisplatin-induzierter Apoptose schützt, da die Eizellen von Mäusen unter der Einwirkung von Chemotherapeutika intakt blieben . „Diese Erkenntnis bildet nun die Grundlage für die Entwicklung potenzieller Medikamente, die Eizellen während einer Chemotherapie auch im Menschen schützen und somit die vorzeitige Einleitung der Wechseljahre unterdrücken sollen“, so Dötsch.
Dem Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz) zufolge spielt bei Frauen das Alter für die Empfindlichkeit gegenüber einer Chemotherapie eine Rolle: Je jünger die Frau, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Schwangerschaft. Bei Frauen über 30 Jahren sei das Risiko höher, verfrüht in die Menopause einzutreten; zudem komme es auch nach Beendigung der Behandlung nicht wieder zu regelmäßigen Monatszyklen. Frauen über 40 müssten mit dem Ausbleiben normaler Zyklen rechnen. Das Ausbleiben der Periodenblutung allein sei jedoch kein verlässliches Anzeichen für Infertilität.
Eine Behandlung mit Zytostatika gilt sowohl für Männer als auch für Frauen als Risiko für eine Schädigung der Fruchtbarkeit. Die Auswirkungen hängen von der Art und der Dosierung der Krebsmedikamente ab. Nach Angaben des dkfz ist die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung bei Alkylanzien, Platinverbindungen und einigen häufig genutzten Kombinations-Chemotherapien besonders hoch. Generell können jedoch alle Chemotherapeutika die Fertilität negativ beeinflussen.
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