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Forschung: Kann Kreatin Depressionen lindern?

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Berlin -

Kreatin wird gerne Sportler:innen empfohlen. Doch neue Studien zeigen: Der Nutzen könnte weit über das Muskelwachstum hinausgehen. Forschende sehen eine therapeutische Chance für depressive Menschen.

Von sportlich aktiven Personen wird Kreatin supplementiert, um das Muskelwachstum anzuregen und die Leistung zu steigern. Der körpereigene Stoff kommt vor allem in der Skelettmuskulatur vor und erhöht als Phosphatgruppen-Überträger die verfügbare Menge von ATP. Das im Muskel angereicherte Kreatin kann Muskelschäden verringern und die Muskelermüdung hinauszögern – vorausgesetzt, es erfolgt ein regelmäßiges Training. Nun gibt es Hinweise, dass Kreatin-Monohydrat (KMH) eine kostengünstige Ergänzung zu einer konventionellen Antidepressiva-Therapie darstellen könnte.

Dosen von drei Gramm täglich werden von der Deutschen Verbraucherzentrale als sehr sicher eingestuft, für die Arbeitsgruppe Sporternährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gelten auch noch fünf Gramm pro Tag als unbedenklich. Ohne ärztliche Rücksprache wird Personen mit bestehenden Nierenleiden davon abgeraten, Nahrungsergänzungsmittel mit Kreatin einzunehmen.

Depressionen: Niedrige Kreatin-Level mitverantwortlich

Niedrige Kreatin-Level im präfrontalen Kortex konnten schon früher mit depressiven Symptomen in Verbindung gebracht werden. Eine kürzlich erschienene Studie im „European Neuropsychopharmacology“ untersucht nun den synergistischen Effekt von KMH und kognitiver Verhaltenstherapie auf die Depression.

Nach acht Wochen verbesserte sich das Wohlbefinden deutlich bei Proband:innen, die täglich fünf Gramm KMH in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie erhielten. In der Verum-Gruppe zeigte sich eine signifikant stärkere Verbesserung des gemessenen Depressionsschweregrades als in jener Gruppe, die das Placebo und die Verhaltenstherapie erhielten.

SSRI sprechen schneller an

Im Jahr 2012 hatte sich bereits eine randomisierte Placebo-kontrollierte Studie mit dem zusätzlichen Nutzen von KMH zum SSRI Escitalopram bei Frauen beschäftigt. Bereits zwei Wochen nach Behandlungsbeginn zeigte sich in der Kreatin-Gruppe ein verfrühtes Ansprechen des SSRIs. Dies führte zu einer fast doppelt so hohen Remissionsrate bei Beendigung der Studie, mit 26 Prozent in der Placebo-Gruppe im Vergleich zu 51 Prozent in der Kreatin-SSRI-Gruppe.

Die zellulären Mechanismen sind hierzu allerdings noch nicht geklärt. Es wird unter anderem von einem verbesserten zellulären Energiestoffwechsel und einer Erhöhung des Phosphokreatin-Wertes im Gehirn ausgegangen. Kreatin gilt als antioxidativ und neuroprotektiv und weiters vermag es Neurorezeptoren wie den NMDA- und Serotonin-Rezeptor zu modulieren.

Gut verträglich, kostengünstig und leicht verfügbar

Kreatin gilt als nebenwirkungsarm. In vereinzelten Fällen wurde in der Studie von Verstopfung, Durchfall oder Muskelkämpfen berichtet, ebenso von einer Gewichtszunahme aufgrund von Wassereinlagerungen. Symptome wie Juckreiz und Erbrechen kamen im Placebo-Arm häufiger vor.

Ob Kreatin eines Tages zum festen Bestandteil in der Behandlung depressiver Symptome wird, bleibt offen. Aktuelle Studien liefern jedoch vielversprechende Hinweise auf eine mögliche antidepressive Wirkung – insbesondere in Kombination mit konventionellen Therapien, oder Antidepressiva.

Dabei scheint Kreatin Einfluss auf metabolische Biomarker zu nehmen, die mit depressiven Verstimmungen in Verbindung stehen. Größere Langzeitstudien, um bessere Aussagen zur klinischen Wirksamkeit und Langzeitsicherheit treffen zu können, werden benötigt.

Für die Apotheke eröffnet die Studienlage eine interessante Perspektive: Kreatin ist bereits als Nahrungsergänzungsmittel verfügbar und gut verträglich. Eine fundierte Beratung – insbesondere zur richtigen Anwendung, Dosierung und möglichen Risiken bei Nierenerkrankungen – könnte künftig ein wertvoller Beitrag in der Selbstmedikation sein.

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