Schmerzentstehung

Forscher entdecken neues Schmerzorgan

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Berlin -

Jeder Mensch leidet von Zeit zu Zeit unter verschiedenen Arten von Schmerzen: Forscher des Karolinska Instituts in Schweden haben nun ein neues sensorisches Rezeptororgan in der Haut von Mäusen entdeckt, das schmerzhafte mechanische Schäden wie Stiche und Schläge erkennen kann. Die Entdeckung wurde im Fachjournal „Science“ veröffentlicht.

Schmerzen verursachen einen erheblichen Leidensdruck bei Patienten. Schmerzmittel zählen daher mit zu den Arzneimitteln, die weltweit am häufigsten verordnet werden. Dem Institut zufolge leidet fast jede fünfte Person sogar unter anhaltenden Schmerzen. Daher bestehe ein erheblicher Bedarf, neue Ansätze für Schmerzmittel zu finden. Bisher ging man davon aus, dass Schmerzreize über freie Nervenendigungen in der Haut wahrgenommen werden: Reize wie extreme Hitze oder Kälte sowie Druck lösen demnach Aktionspotenziale aus, die im Gehirn als Schmerz wahrgenommen werden.

Das Forscherteam zeigte nun den Einfluss der Gliazellen: Diese bilden das Stützgerüst für die Nervenzellen und sorgen mit ihrer Umhüllung für eine elektrische Isolation. Außerdem sind sie am Flüssigkeitsaustausch und am Stofftransport im Gehirn beteiligt. Desweiteren wird ihnen eine Beteiligung an der Informationsverarbeitung, -speicherung und -weiterleitung zugesprochen. Die Forscher stellten fest, dass auch die Nervenendigungen außerhalb des zentralen Nervensystems von Gliazellen umgeben sind. Dort reagieren sie auf Schmerzreize und leiten die Signale an die Nervenendigungen weiter.

Das bisher unbekannte Organ wurde in der Haut von Mäusen entdeckt: Es handelt sich um ein Netzwerk von nozizeptiven „Schwann-Zellen“, welches empfindlich gegenüber gefährlichen Umweltreizungen ist. Das Organ besteht aus Gliazellen mit mehreren langen Vorsprüngen, die sich verknüpfen. Über ihre Zellausläufer bilden sie ein feines Netzwerk, das bis in die Epidermis reicht. Den Forschern zufolge ist das neu entdeckte Organ empfindlich gegen schmerzhafte mechanische Schäden. Die Zellen, aus denen sich das Organ zusammensetzt, reagieren sehr empfindlich und können daher zur Erkennung schmerzhafter Nadelstiche oder Druck beitragen. In verschiedenen Experimenten blockierten die Forscher das Organ und stellten fest, dass die Fähigkeit, mechanische Schmerzen zu spüren, verringert war.

Für ihre Experimente versahen die Forscher die Zellen mit einem Protein, das auf Lichtreize reagiert: Bei den Versuchstieren konnte dann durch einen Lichtstrahl eine klassische Abwehr­reaktion ausgelöst werden, wie etwa das Zurückziehen und Lecken der Pfote. Dabei handelt es sich um einen natürlichen Schutzreflex bei der Entstehung von Schmerzen oder Reizen. In den Nerven wurde zudem eine vermehrte elektrische Aktivität nachgewiesen: Dies sehen die Forscher als Beleg dafür, dass die Reize an das Gehirn weitergeleitet werden. Bisher wurden die neuartigen Zellstrukturen nur bei Mäusen nachgewiesen: Es scheint jedoch wahrscheinlich, dass sie auch beim Menschen existieren.

„Unsere Studie zeigt, dass Schmerzempfindlichkeit nicht nur in den Nervenfasern der Haut auftritt, sondern auch in diesem kürzlich entdeckten schmerzempfindlichen Organ“, sagt Professor Dr. Patrik Ernfors, Abteilung für medizinische Biochemie und Biophysik des Karolinska Instituts und leitender Forscher der Studie. Die Entdeckung verändere das Verständnis der zellulären Mechanismen der körperlichen Empfindung und könne von Bedeutung sein für das Verständnis von chronischen Schmerzen, wie sie beispielsweise auch bei Polyneuropathien auftreten.

Bei Polyneuropathien sind periphere Nerven geschädigt. Meist sind daher die Nerven in Armen und Beinen beziehungsweise Händen und Füßen betroffen. Es können jedoch auch die Nerven der inneren Organe geschädigt sein. Es kommt zu typischen Symptomen wie Missempfindungen, Taubheitsgefühlen und Schmerzen, ebenso wie Muskelschwäche, Muskelkrämpfen und Lähmungen. Zu den häufigsten Ursachen dieser Nervenschädigung gehören Diabetes mellitus und Alkoholmissbrauch.

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