FDA prüft Tramadol bei Kindern APOTHEKE ADHOC, 28.09.2015 14:53 Uhr
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat angekündigt, die Anwendung des Opioid-Analgetikums Tramadol bei Kindern und Jugendlichen wegen des Risikos der Atemdepression zu prüfen. Das Besondere: In den USA dürfen die entsprechenden Präparate eigentlich erst ab 17 Jahren eingesetzt werden. Hierzulande sind die gängigen Tropfen für die Anwendung bei Kindern ab einem Jahr zugelassen.
Das Prodrug wird durch CYP2D6 zu seinem opioidartig und atemdepressiv wirkenden aktiven Metaboliten O-Desmethyltramadol verstoffwechselt. Bei ultraschnellen CYP2D6-Metabolisierern („Ultraschnell-Metabolisierer“) können daher erhöhte Plasmakonzentrationen des aktiven Metaboliten auftreten. Kinder sind wegen ihres variableren CYP2D6-Stoffwechsels stärker gefährdet als Erwachsene. Erst kürzlich sei in Frankreich ein fünfjähriges Kind mit verlangsamter und erschwerter Atmung nach einmaliger Tramadol-Einnahme notbehandelt worden.
Die FDA weist darauf hin, dass Tramadol in den USA erst ab 17 Jahren zugelassen ist. Allerdings belegten Daten den Off-Label-Einsatz bei jüngeren Patienten. Die Behandlung von Schmerzen bei Kindern sei wichtig, da dadurch die Heilungschancen erhöht und Komplikationen reduziert würden, so die FDA. Unbehandelte Schmerzen können zu phyischen und psychischen Dauerschäden führen. Die Behörde fordert die Ärzte aber auf, die zugelassenen Alternativen zu verschreiben.
Besonders bei Patienten, die wegen Schmerzen nach der Entfernung der Mandeln mit Tramadol behandelt würden, könnte das Risiko erhöht sein, so die FDA. Eltern sollten daher auf das Atemverhalten ihrer Kinder achten und sich bei Zweifeln an Ärzte und Apotheker wenden. Bei Atemgeräuschen oder -problemen oder ungewöhnlicher Schläfrigkeit sollte im Zweifelsfall der Notruf gewählt werden.
Anders als in den USA sind in Deutschland Tramadol-Tropfen für die Anwendung bei Kindern zugelassen. Die Arzneimittelkommission der Apotheker (AMK) weist auf die Beachtung der empfohlenen Dosierungen für die jeweiligen Altersstufen hin. Kinder sollten zudem sorgfältig auf Atemprobleme überwacht werden. Fälle von Atemdepression unter der Behandlung mit Tramadol sollen der AMK gemeldet werden.
Erst vor wenigen Wochen hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) aus ähnlichen Erwägungen die Altersgrenze für den Hustenstiller Codein angehoben: Patienten mit Atemproblemen sollen den Wirkstoff frühestens ab 18 Jahren erhalten. Alle flüssigen Darreichungsformen sollen künftig in kindersicheren Verpackungen vertrieben werden.
Den Experten zufolge können Nebenwirkungen in allen Altersgruppen auftreten. Bei Kindern sei die Metabolisierung jedoch unvorhersehbar. Auch der Nutzen sei nicht ausreichend belegt. „Ultraschnell-Metabolisierer“, die Codein aufgrund einer genetischen Ausprägung sehr schnell zu Morphin umwandeln, sollen gar nicht mit dem Wirkstoff behandelt werden. Auch in der Stillzeit ist der Wirkstoff kontraindiziert. 2013 hatte die EMA bereits die Anwendung Codein-haltiger Arzneimittel zur Schmerzbehandlung bei Kindern deutlich eingeschränkt.