Blutgerinnsel sind nicht nur bei Erwachsenen ein ernstzunehmendes Problem. Bei Kindern sind die Therapiemöglichkeiten bisher jedoch begrenzt. Mit der Zulassung von Pradaxa (Dabigatranetexilat, Boehringer Ingelheim) steht in den USA erstmals eine orale Therapieoption für Kinder zwischen drei Monaten und zwölf Jahren mit venösen Thromboembolien – und zur Vorbeugung von wiederkehrenden Gerinnseln – zur Verfügung.
Kommt es zu Blutgerinnseln, muss schnell und zielgerichtet therapiert werden. Im schlimmsten Fall drohen Komplikationen, die zum Tode führen können. In der Altersgruppe von drei Monaten bis zwölf Jahren sind vor allem Patient:innen mit angeborenen Herzerkrankungen oder Krebserkrankungen von Blutgerinnseln betroffen.
Mit der Zulassung von Pradaxa für Kinder steht nun erstmals eine orale antikoagulative Therapieoption zur Verfügung. Das Arzneimittel ist indiziert zur Behandlung von venösen Thromboembolien, wenn eine mindestens fünftägige intravenöse Gabe eines Blutverdünners vorausgeht beziehungsweise zur Vorbeugung von wiederkehrenden Gerinnseln nach einer erfolgreichen Therapie einer ersten venösen Thromboembolie. Außerdem erfolgte die Zulassung in Kapselform zur Behandlung von Blutgerinnseln bei Patient:innen ab acht Jahren mit venösen Thromboembolien direkt nach einer mindestens fünftägigen Behandlung mit einem Blutverdünner per Injektion sowie zur Vorbeugung von wiederkehrenden Gerinnseln bei Patient:innen, die eine Behandlung ihrer ersten venösen Thromboembolie abgeschlossen haben.
Die Zulassung basiert auf einer Studie mit 267 Kindern. Im Rahmen der Untersuchung wurden sie auf Pradaxa oder eine Standardtherapie randomisiert. Der Endpunkt bestand aus verschiedenen Ereignissen: Die Kinder durften nicht an einem Blutgerinnsel versterben, das Blutgerinnsel musste sich auflösen und es durften sich keine weiteren Blutgerinnsel bilden. Die Teilnehmer:innen der Pradaxa-Gruppe erreichten in 45,8 Prozent den kombinatorischen Endpunkt, in der Vergleichsgruppe waren es 42,2 Prozent.
In einer offenen, einarmigen Studie wurde zudem der Sicherheitsnachweis zur Vorbeugung von wiederkehrenden Blutgerinnseln erbracht. An ihr nahmen 214 Kinder teil, die bereits ein Blutgerinnsel in der Vorgeschichte hatten. Als Endpunkt galten das Wiederauftreten von Blutgerinnseln, schwerwiegende und geringfügige Blutungsereignisse und die Gesamtmortalität. Die Auftretensrate war mit 1,4 Prozent vergleichbar mit der von bisherigen Standardbehandlungen.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen gastrointestinale Beschwerden und Blutungen. Bei Kindern mit bioprothetischen Herzklappen oder dreifach-positivem Antiphospholipid-Syndrom ist die Einnahme kontraindiziert. Außerdem kann ein vorzeitiger Therapieabbruch das Risiko für Blutgerinnsel erhöhen. Ein entsprechender Warnhinweis klärt auf.
Kürzlich wurde auch in Europa erstmals eine orale Antikoagulationstherapie für Kinder zugelassen: Xarelto (Rivaroxaban, Bayer) steht seit dem 1. Juni zur Behandlung venöser Thromboembolien sowie zur Prophylaxe von deren Rezidiven bei Reifgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern sowie Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nach mindestens fünf Tagen initialer parenteraler Antikoagulationstherapie zur Verfügung. Die neue, kindgerechte Darreichungsform von Xarelto kommt als Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen auf den Markt.
Nicht nur für die kleinen Patient:innen und ihre Eltern bedeutet dies eine Entlastung – auch Steril- und Krankenhaus-Apotheken könnten von der Neueinführung profitieren. Denn einige patientenindividuelle Herstellungen, wie die Verdünnung von Heparinen, könnten künftig entfallen. Durch die Zulassung in der neuen Indikation könnte Bayer einen verlängerten Patentschutz beantragen, der andernfalls in wenigen Jahren wegfallen würde.
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