Psilocybin bei Depressionen

FDA genehmigt Zauberpilz-Studie

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Berlin -

Zauberpilze, sogenannte Magic Mushrooms, sind seit Längerem im Visier der Wissenschaft. Bisherige Untersuchungen geben zahlreiche Hinweise, dass ein Inhaltsstoff Psilocybin therapeutisch bei einer Depression angewendet werden könnte. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat kürzlich der Firma Compass Pathways eine Studie genehmigt, in der Patienten mit behandlungsresistenter Depression mit dem Wirkstoff therapiert werden sollen. Wenn die Ergebnisse ausreichend positiv sind, könnte bald ein Arzneimittel mittels eines beschleunigten Zulassungsverfahrens auf den Markt kommen.

Die FDA unterscheidet vier unterschiedliche beschleunigte Zulassungsarten, eine davon ist die „Breakthrough Therapy”. Seitens der Behörde wird sie als ein Alternative definiert, „um die Entwicklung und Überprüfung von Arzneimitteln zur Behandlung eines schweren Zustands zu beschleunigen und vorläufige klinische Beweise zeigen, dass das Medikament eine wesentliche Verbesserung gegenüber der verfügbaren Therapie an klinisch signifikanten Endpunkten zeigen kann”.

In den USA wurde die Psilocybin-Behandlung auf Antrag des Unternehmens nun als „Breakthrough Therapy” eingestuft. Die Untersuchung wird für die Staaten die erste groß angelegte klinische Studie mit Psilocybin als Therapie sein. Sie soll im nächsten Jahr in Europa und Nordamerika stattfinden. Einem Medienbericht zufolge haben bereits drei Länder eine entsprechende behördliche Genehmigung für Studien mit Psilocybin als Therapie erhalten. Dazu gehörten Großbritannien, Kanada und die Niederlande.

Zauberpilze sind psychoaktive Pilze, die die Indolalkaloide Psilocybin und Psilocin enthalten. Erstmals wurden diese Substanzen von Albert Hofmann, dem Entdecker des LSD, aus mexikanischen Rauschpilzen isoliert. Die Einnahme kann zu körperlicher Leichtigkeit und Energie, Euphorie und Freude führen. Die Wirkung ähnelt jener von LSD, ist aber von kürzerer Dauer. Deshalb werden sie missbräuchlich zu Rauschzwecken eingesetzt. Gegenwärtig erfahren die Alkaloide vermehrt pharmazeutische Beachtung, da sie Potenzial zur Behandlung von Depressionen und Angstzuständen besitzen und gut verträglich sind.

Pilze mit diesen Wirkstoffen sind in Anlage I zu § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgelistet und somit nicht verkehrsfähig. Jeglicher Umgang mit diesen Substanzen ist daher generell verboten. Doch Wissenschaftler können zu Forschungszwecken eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Dies tat auch die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Dirk Hoffmeister des Instituts für Pharmazeutische Mikrobiologie in Jena. Zusammen mit seinem Team erforscht er die Inhaltsstoffe der Pilzgattung Psilocybe und hat es erstmals geschafft, Psilocybin enzymatisch zu synthetisieren. Dafür wurde er kürzlich mit dem Phoenix-Wissenschaftspreis geehrt. Weitere Studien der Forscher liefen bereits: „Unser Fokus ist auf die biotechnologische Herstellung dieses Moleküls in vivo oder in vitro gerichtet”, so Hoffmeister.

Psilocybin ist ein Prodrug und wird im Körper rasch zum Psilocin dephosphoryliert, der eigentlich psychoaktiven Verbindung. Psilocin ähnelt dem Neurotransmitter Serotonin und ist ein Partialagonist mit hoher Affinität am 5-HT2A-Rezeptor. Es wirkt jedoch nicht wie LSD auf die Dopamin-Rezeptoren. Therapeutisch werden 5-HT2A-Rezeptorantagonisten heute als atypische Antipsychotika eingesetzt, beispielsweise Clozapin. Pilz-Halluzinogene scheinen daher als Antidepressivum nicht ungeeignet zu sein.

Der Wissenschaftler sieht den Schwerpunkt der Forschung zu diesem Thema im englischsprachigen Raum, aber die Berichterstattung hierzulande trage dazu bei, dem Molekül auch hier mehr Beachtung zu verschaffen. Eine bedeutende Rolle spielt seiner Ansicht nach auch das in den USA ansässige Usona-Institut, das seine Aktivitäten jetzt durch Gründung einer Niederlassung in Deutschland ausweitet. Es handelt sich hierbei um eine gemeinnützige medizinische Forschungsorganisation, die sich der Unterstützung und Durchführung präklinischer und klinischer Forschung widmet, um das Verständnis der therapeutischen Wirkungen von Psilocybin zu fördern.

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