FDA: Fluorchinolone Gefahr für Diabetiker APOTHEKE ADHOC, 19.07.2018 12:46 Uhr
Sicherheitsmeldung zu Fluorchinolonen: Die US-Arzneimittelagentur FDA warnt vor niedrigen Blutzuckerspiegeln und psychischen Problemen unter der Antibiotikatherapie mit Fluorchinolonen. Die Behörde fordert eine Änderung der Fachinformation. Die Wirkstoffgruppe steht seit Längerem in der Kritik.
Die als Breitband-Antibiotika verwendeten Wirkstoffe – Ciprofloxacin, Norfloxacin, Enoxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin – können Nebenwirkungen verursachen, die unter Umständen zu bleibenden Beeinträchtigungen führen können. Möglich sind Sehnenschäden in Form von Entzündungen oder Rissen. Die Ruptur der Achillessehne wird dabei als besonders gefährlich angesehen und tritt mit erhöhtem Risiko bei älteren Personen ab dem 60. Lebensjahr auf. Die unerwünschte Arzneimittelwirkung kann bereits wenige Stunden nach der Einnahme auftreten oder bis zu vier Wochen nach Therapieende. Ärzte sollen, wenn antibiotische Therapiealternativen vorliegen, Fluorchinolone nicht mehr verordnen.
Aufgrund eines Reviews warnt die FDA nun vor dem Auftreten eines hypoglykämischen Komas als unerwünschte Arzneimittelwirkung unter den Fluorchinolonen Ciprofloxacin, Gemifloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Ofloxacin und Delafloxacin. Letzteres wurde im Juni 2017 zugelassen und wurde in der Auswertung nicht berücksichtigt, jedoch schreibt die Behörde dem Arzneistoff die gleichen Nebenwirkungen zu, da dieser zur gleichen Stoffklasse gehört. Eine Änderung der Sicherheitskennzeichnung soll für alle sechs Arzneistoffe erfolgen.
Hypoglykämisches Koma, das in einigen Fällen zum Tod führte, ist derzeit in keiner Fach- und Produktinformation aufgeführt. Das Risiko einer Hypoglykämie, das mit der Anwendung von Fluorchinolonen in Zusammenhang gebracht werden kann, ist hingegen in einigen Produktinformationen zu finden. Für Moxifloxacin wird das Auftreten einer Dysglykämie beschrieben, die vorwiegend bei älteren Diabetikern, die gleichzeitig mit einem oralen Antidiabetikum oder Insulin behandelt werden, auftreten kann. Für vier Fluorchinolone wird eine Wechselwirkung mit Sulfonylharnstoffen beschrieben.
Im Rahmen der Postmarketing-Überprüfung fand die FDA im Zeitraum von Oktober 1987 bis April 2017 im FDA Adverse Event Reporting System (FAERS) 56 Berichte zu einem hypoglykämischen Koma im Zusammenhang mit Fluorchinolonen. Weitere elf Fälle wurden in wissenschaftlicher Literatur gefunden. Die Betroffenen wurden mit Levofloxacin (44), Ciprofloxacin (12), Moxifloxacin (9) und Ofloxacin (2) behandelt.
Ein Großteil der Betroffenen wies Risikofaktoren für das Auftreten eines hypoglykämischen Komas auf. Dazu zählen höheres Alter, Diabetes, Niereninsuffizienz sowie die Einnahme von Arzneistoffen wie Sulfonylharnstoffen, die ohnehin mit einem höheren Risiko für eine Hypoglykämie assoziiert sind. 47 Patienten waren nachweislich Diabetiker. 41 nahmen einen oder mehrere Arzneistoffe ein, die ein erhöhtes Hypoglykämie-Risiko bergen, 35 wurden mit einem Sulfonylharnstoff behandelt. Lediglich drei Patienten wurden mit einem Insulin behandelt. 20 Patienten waren nicht an Diabetes erkrankt.
In dreizehn Fällen endete das hypoglykämische Koma tödlich. Einige der Betroffenen wurden aufgrund einer relativ unkomplizierten Infektion mit einem Fluorchinolon behandelt. Neun der 54 Überlebenden erholten sich nicht mehr vollständig. Die FDA verstärkt aufgrund der Ergebnisse die Warnungen vor Fluorchinolonen und fordert eine Änderung der Produkt- und Fachinformationen der betroffenen Arzneistoffe sowohl zur oralen Anwendung als auch zur Injektion.
Änderungen soll es auch in Bezug auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen geben, die die Psyche betreffen. So sollen diese um Störungen der Aufmerksamkeit, Orientierungslosigkeit, Unruhe, Nervosität, Gedächtnisstörungen und schwere Störungen der geistigen Fähigkeiten wie Delirium erweitert werden.