Evobrutinib: Leberschäden durch MS-Medikament? dpa/APOTHEKE ADHOC, 12.04.2023 14:37 Uhr
Schlechte Nachrichten für den Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck: Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat die Aufnahme neuer Patient:innen für eine Behandlung mit dem MS-Mittel Evobrutinib im Rahmen der abschließenden klinischen Phase-III-Prüfung ausgesetzt.
Grund sei der Verdacht auf Leberschädigung durch das Mittel, teilte Merck am Mittwoch in Darmstadt mit. Der Konzern will die Studienergebnisse aber weiter im vierten Quartal veröffentlichen. Die Aktie stand am Mittag mit fast 7 Prozent Minus am Dax-Ende. Das Kursniveau markierte den tiefsten Stand seit Oktober. Laut JPMorgan-Analyst Richard Vosser ist mit dem Kursrutsch der Marktwert von Evobrutinib komplett ausgepreist.
Ähnliche Probleme bei Sanofi
Er hält die Reaktion der Anleger für „angemessen“, da es durch die Bedenken der FDA in Zukunft Probleme bei der Zulassung des Medikaments in den USA geben könne. Dafür spricht seiner Meinung nach auch, dass es beim Pharmakonzern Sanofi bei dem von ihm entwickelten Mittel zu ähnlichen Problemen gekommen sei. Außerdem gebe es bereits gute Medikamente gegen Multiple Sklerose am Markt.
Das von Merck getestete Mittel soll zur Behandlung für schubförmige Multiple Sklerose (RMS) eingesetzt werden. Schwächere Studienergebnisse könnten Merck auch finanziell durchaus treffen: Analyst Vosser rechnet mit einem maximalen Umsatzpotenzial des Medikaments von 2,4 Milliarden Euro – wovon die Hälfte mit Risiken behaftet sei. Seine Kollegin Rosie Turner vom Analysehaus Jefferies hatte jüngst in einer Studie das ohne Risiken behaftete maximale Umsatzpotenzial für Evobrutinib auf zwei Milliarden Euro geschätzt. In einem optimistischen Szenario zum Mittel veranschlagte sie den Umsatzbeitrag zum Gesamtumsatz der Pharmasparte von Merck für die Jahre 2025 bis 2030 auf zwei bis vier Prozent.
Keine Behandlung mehr mit Evobrutinib einleiten
Laut den von der FDA angeordneten Maßnahmen darf in den USA nun bei neuen Patient:innen keine Behandlung mehr mit dem Mittel eingeleitet werden, sowie bei jenen, die weniger als 70 Tage mit der Studienmedikation behandelt wurden. Da alle Studienteilnehmer:innen aber schon länger als 70 Tage behandelt werden, wird die Therapie laut Merck fortgeführt. „Für uns ändert sich nichts“, sagte ein Merck-Sprecher auf Nachfrage.
Die auf Leberschäden hinweisenden Laborwerte von zwei Patient:innen wurden während einer Phase-III-Studie festgestellt. Beide Personen seien aber asymptomatisch gewesen und brauchten weder eine medizinische Intervention noch stationäre Behandlung, teilte Merck weiter mit. Nach Absetzen des Medikaments hätten sich die Leber-Werte zudem vollständig normalisiert. Die Darmstädter versicherten, mit der US-Behörde zusammenzuarbeiten, um das weitere Vorgehen in laufenden und zukünftigen Studien zu Evobrutinib festzulegen. Derzeit gäbe es 2000 Patient:innen in Phase-III der Studie.