Epilepsie zählt bei etwa 85 der Patienten mit Tuberöser Sklerose (TSC) zum Krankheitsbild. Mit Votubia (Everolimus, Novartis) ist nun erstmals ein Präparat zur Behandlung von refraktären, partiellen Anfällen bei Patienten mit TSC auf dem Markt.
Everolimus wird bereits in verschiedenen Indikationen eingesetzt. Unter dem Handelsnamen Afinitor vertreibt Novartis den Wirkstoff als Krebsmedikament: Die Tabletten mit 2,5, 5 oder 10 mg werden bei Hormon-Rezeptor-positivem, fortgeschrittenem Mammakarzinom, neuroendokrinen Tumoren mit pankreatitischem Ursprung sowie neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinaltraktes oder der Lunge eingesetzt.
Certican enthält 0,25, 0,5, 0,75 oder 1 mg Everolimus und dient zur Prophylaxe der Transplantatabstoßung nach Nieren-, Herz- und Lebertransplantationen.
Votubia wird seit 2011 bei Patienten mit subependymalen Riesenzellastrozytomen (SEGA) aufgrund einer TSC eingesetzt, die eine therapeutische Maßnahme benötigen, aber bei denen ein chirurgischer Eingriff nicht angemessen ist. Eine weitere Indikation ist die Behandlung von erwachsenen TSC-Patienten mit renalem Angiomyolipom, bei denen ein Risiko für Komplikationen vorliegt, die jedoch nicht unmittelbar operiert werden müssen.
Ende vergangenen Jahres gab die EMA grünes Licht für Votubia als Begleittherapie für TSC-Patienten mit partiellen und refraktären Epilepsieanfällen – mit oder ohne sekundäre Generalisierung. Alte und neue Indikation gelten für die Tabletten in den Stärken 2,5, 5 und 10 mg. Die Tabletten zur Herstellung einer Suspension in 2, 3 und 5 mg kommen nur bei Patienten mit SEGA zum Einsatz. Votubia kann ab dem zweiten Lebensjahr eingesetzt werden.
Ausschlaggebend für die Indikationserweiterung waren die Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten einer Zulassungsstudie: Die Begleittherapie mit Everolimus reduzierte die partiellen epileptischen Anfälle der TSC-Patienten im Vergleich zu Placebo signifikant. Unerwünschte Wirkungen wie Stomatitis, Durchfall, Fieber und Infektionen der oberen Atemwege wurden am häufigsten beschrieben.
Epileptische Anfälle zählen zu den häufigsten neurologischen Symptomen bei TSC-Patienten. Bislang waren keine zielgerichteten Therapien für die Behandlung von TSC-assoziierten, refraktären Anfällen zugelassen. Auf die verfügbaren Antiepileptika sprechen nur etwa 40 Prozent der Betroffenen an.
TSC ist eine seltene genetische Erkrankung, die zu Fehlbildungen und überwiegend gutartigen Tumoren in nahezu allen Organen führen kann. Typisch sind jedoch Knötchen im Gehirn, die sich zu einem SEGA entwickeln können, der ein langsam wachsender Hirntumor ist. Im Kindes- und Jugendalter können bereits renale Angiomyolipome entstehen. Mit zunehmenden Alter sind etwa 80 Prozent der Patienten mit TSC davon betroffen. Das Wachstum der Tumore, die aus Muskel- und Fettzellen bestehen, kann zu Aneurysmen und Nierenfunktionsstörungen führen.
Die Erkrankung ist auf eine Mutation innerhalb der Tumorsuppressorgene TSC1 und TSC 2 zurückzuführen. Beide Gene bilden einen Proteinkomplex, der im gesunden Körper die Serin/Threonin-Kinase mammalian Target Of Rapamycin (mTOR) als Inhibitor kontrolliert. mTOR stellt einen Regulator des Wachstums, der Teilung und des Stoffwechsels von Tumorzellen dar. Zusätzlich kommt es zu einer neuronalen Übererregbarkeit und einer gestörten synaptischen Plastizität.
Everolimus setzt genau hier an und hemmt das mTOR-Protein, somit wird die übermäßige Aktivierung des mTOR-Signalweges gehemmt. Das Tumorwachstum ist verlangsamt. Everolimus ist die einzige zugelassene medikamentöse Therapie bei nicht-kanzerogenen Hirn- und Nierentumoren bei Patienten mit TSC.
Votubia ist als Orphan drug eingestuft, denn nur etwa 5 von 10.000 Menschen sind von der Erkrankung betroffen.
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