Novartis hat die EU-Zulassung für Mayzent (Siponimod) erhalten: Das Arzneimittel stellt damit nun auch in Europa die erste orale Therapieoption für Patienten mit sekundär progredienter Multipler Sklerose (SPMS) dar, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt.
Vor knapp einem Jahr wurde Mayzent bereits durch die US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassen, nun wird das Medikament auch in der EU auf den Markt kommen. Im November erhielt Novartis bereits die Zulassungsempfehlung. Indiziert ist Mayzent für erwachsene Patienten, die unter SPMS mit Krankheitsaktivität leiden – nachgewiesen durch Schübe oder Bildgebung der entzündlichen Aktivität. „Wir begrüßen es sehr, dass die EU-Zulassung von Mayzent dazu beitragen kann, die Diskussion über die Krankheitsprogression der MS zu verändern und die Möglichkeiten für SPMS-Patienten und ihre Ärzte zu erweitern“, sagte Dr. Simone Hiltl von Novartis.
Bei der SPMS handelt es sich um eine lähmende Form der MS, die durch eine progressive und irreversible Behinderung gekennzeichnet ist. In vielen Fällen entsteht die SPMS durch eine vorangegangene schubförmig remittierende MS (RRMS). „Für Menschen mit MS ist es von großer Bedeutung, die Behinderungsprogression zu verzögern und die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten, um möglichst lange ein unabhängiges Leben führen zu können“, erklärte Hiltl.
Siponimod ist ein Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator der nächsten Generation. Der Arzneistoff bindet selektiv an die S1P1- und S1P5-Rezeptoren. Wie Fingolimod wirkt Siponimod als funktioneller Antagonist am S1P-Rezeptor der Lymphozten und blockiert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Die Folge ist eine entzündungshemmende Wirkung. Außerdem kann Siponimod direkt an die S1P1- und S1P5-Subrezeptoren auf Oligodendrozyten und Astrozyten im zentralen Nervensystem binden und so Entzündungen verhindern und Re-Myelinisierung fördern.
Wirksamkeit und Sicherheit von Siponimod wurden in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie Expand untersucht. Die 1651 Probanden mit der Diagnose SPMS konnten unterschiedlichen Behinderungsgraden zugeordnet werden. Das Sicherheitsprofil stimmt mit bekannten Effekten der S1P-Rezeptormodulation überein. Zu den häufigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen zählen Kopfschmerzen, Bluthochdruck sowie Anstieg der Leberwerte. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung und zehn Tage darüber hinaus eine wirksame Verhütungsmethode verwenden, da möglicherweise das Risiko einer Schädigung des ungeborenen Kindes besteht.
Primärer Endpunkt der Studie war die Zeit bis zum dreimonatigen Fortschreiten der Behinderung. Die Zahl der Probanden, für die ein Fortschreiten der Behinderung dokumentiert wurde, war in der Mayzent-Gruppe signifikant geringer. Außerdem wurde bei weniger Teilnehmern ein Rückfall beobachtet. In der Subgruppe der Patienten mit nichtaktivem SPMS waren die Ergebnisse statistisch nicht signifikant.
Rund 2,3 Millionen Menschen sind weltweit von MS betroffen: Bei der Erkrankung zerstören Immunzellen die isolierende Hüllschicht der Nervenfasern (Myelinscheide), sodass die Weiterleitung von Signalen gestört ist. Bei Gesunden hält das Abwehrsystem solche Immunzellen in Schach, unter anderem durch die spezielle Gruppe der Suppressorzellen, auch regulatorische T-Zellen genannt. Diese fehlen bei MS-Patienten, sodass die überschießende Abwehr des Immunsystems nur unzureichend gebremst wird. Die meisten Patienten bemerken die ersten Symptome im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Es gibt drei Hauptformen von MS: RRMS – die häufigste Form der Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose – SPMS und primär progrediente MS (PPMS).
APOTHEKE ADHOC Debatte