Weniger Abhängigkeit

EU-Produktion für 15 Wirkstoffe

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Berlin -

Bei jedem neuen Lieferengpass werden Stimmen laut, die eine Rückholung der Produktion nach Europa befürworten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat seit Juli einen neuen Beirat, der sich mit diesem Thema intensiv beschäftigen und besonders relevante Wirkstoffe benennen soll. In einer ersten Liste finden sich 14 Arzneistoffe, ein weiterer könnte bald schon folgen. Klassiker aus der Apotheke wie Venlafaxin, Sartane oder Nebivolol sind nicht aufgeführt.

Der im Juli neu gegründete Beirat des BfArM soll die Versorgunglage im Blick behalten und bei drohenden Lieferengpässen beratend zur Seite stehen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat darüber hinaus den Auftrag zur Festlegung von besonders versorgungsrelevanten Medikamenten erteilt. Die benannten Arzneimittel sollen innerhalb einer Notfallversorgung den reibungslosen medizinischen Ablauf gewährleisten. So enthält die Liste primär Medikamente, die bei Operationen und intensivmedizinischen Betreuungen notwendig sind.

Laut BfArM liegen aktuell 308 Lieferengpassmeldungen vor. Sie betreffen über 100 Wirkstoffe. Immer mehr aktive Substanzen werden nur noch außerhalb der EU produziert. Darüber hinaus wird ein Wirkstoff häufig nur noch von einer Handvoll Unternehmen hergestellt. Die Antibiotika-Produktion erfolgt zu fast 90 Prozent in Ostasien. Um Lieferengpässe durch Umstände wie Corona zu vermeiden, sollen nun Substanzen, für die es kaum Alternativen gibt und die in der Intensivmedizin gebraucht werden, durch das neue Gremium benannt werden. Anfang September erläuterte das BfArM, dass es auch darum gehe, die Hersteller, die noch in Europa sind, zu halten.

Die 14 Wirkstoffe, die bisher auf der Liste sind, sind somit eher aus dem Klinikalltag bekannt. Die Liste enthält folgende Wirkstoffe: Adrenalin und Noradrenalin, Amiodaron, Argatroban, Clonidin, Esmolol, Heparin, die Antibiotika Meropenem und Piperazillin/Tazobactam, Midazolam, die Schmerzmittel Morphin und Novaminsulfon, Propofol und Sufentanil. Bald hinzugefügt werden könnte das Cortison Dexamethason. Der Beirat empfiehlt die Ergänzung.

Die Wirkstoffe sind auch Teil der Anfang Juli in Kraft getretenen Verordnung zur Erhöhung der Bevorratung mit Arzneimitteln zur intensivmedizinischen Versorgung. Diese besagt, dass die Leitung der Krankenhausapotheke die benannten Arzneistoffe ab dem 31. Oktober in ausreichender Menge vorrätig halten muss. Als ausreichend ist ein Bestand für den durchschnittlichen Bedarf von drei Wochen definiert. Um in dieser Situation auch im Fall weiterer Corona-Infektionswellen oder beim Auftreten von Corona-Hotspots die intensivmedizinische Versorgung von Kliniken sicherzustellen, sei eine Erhöhung der Bevorratung mit den benötigten Arzneimitteln in der Krankenhausapotheke oder krankenhausversorgenden Apotheke angezeigt, so Gesundheitsminister Jens Spahn.

Der Beirat wird zudem den neu ins Arzneimittelgesetz (AMG) aufgenommenen Begriff „versorgungskritische Wirkstoffe“ definieren. Außerdem sollen Kriterien für die Einstufung von Wirkstoffen als versorgungskritisch erarbeitet werden sowie Kriterien für die Liste von Fertigarzneimitteln, für die eine regelmäßige Datenübermittlung zur Beurteilung der Versorgungslage erforderlich ist.

Die Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe ist eine Zusammenführung der Vorschläge der medizinischen Fachgesellschaften und der WHO-Liste der essenziellen Arzneimittel. Sie umfasst 37 Seiten. Voraussetzung für die Versorgungsrelevanz ist der Verschreibungsstatus, nur Rx-Präparate werden in die Liste aufgenommen. Zudem werden nur Arzneimittel, die für die gesamte Bevölkerung relevant sind, berücksichtigt. Wirkstoffe zur Behandlung seltener Erkrankungen, darunter auch Präparate mit „Orphan-Drug-Status“ sind kein Bestandteil der Liste.

 

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