In vielen Fällen wird eine Neurodermitis topisch behandelt, schwere Fälle müssen jedoch systemisch therapiert werden. Der monoklonale Antikörper Etokimab konnte in einer Phase-II-Studie nun positive Ergebnisse erreichen – damit könnte er bald den zweiten Antikörper zur Behandlung der atopischen Dermatitis darstellen.
Neurodermitis, häufig auch als atopische Dermatitis bezeichnet, ist eine weit verbreitete chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die durch wiederkehrende Schübe mit starkem Juckreiz gekennzeichnet ist: Betroffene leiden unter trockener, schuppiger und geröteter Haut. Neurodermitiker weisen eine gestörte Hautbarriere auf, die Ursachen sind vielfältig und der Verlauf der Hauterkrankung wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: So spielt die genetische Veranlagung ebenso eine Rolle wie Veränderungen des Mikrobioms oder verschiedene Umwelteinflüsse.
Bis zu einem Fünftel der Bevölkerung in westlichen Industrieländern ist betroffen: Bei Kindern sind das rund 10 bis 20 Prozent, bei den Erwachsenen immerhin noch 2,1 bis 4,9 Prozent. Die Prävalenz hat sich in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt. Reicht eine lokale Therapie mit Salben, Creme oder Lotionen nicht aus, um die Symptomatik in den Griff zu bekommen, können verschiedene systemische Therapieformen zum Einsatz kommen – eine davon sind monoklonale Antikörper. Bisher steht nur Dupilumab zur Verfügung. Das Biologikum wurde vor zwei Jahren zur Behandlung der Neurodermitis zugelassen und hemmt die Rezeptoren für die Signalwege der Interleukine 4 und 13.
Nun könnte mit Etokimab bald ein weiterer Antikörper auf den Markt kommen. In einer ersten klinischen Studie konnte der Wirkstoff eine deutliche Linderung der Neurodermitis erzielen. Etokimab besitzt Wirkungen auf ein anderes Zytokin – das Interleukin 33. Normalerweise wird es von den geschädigten Hautzellen freigesetzt und leitet eine Entzündungsreaktion ein. Etokimab neutralisiert dieses Zytokin, sodass die Entzündungskaskade unterbrochen wird. Charakteristische Symptome wie Nässen, Rötung und Juckreiz werden gelindert.
Forscher der Universität Oxford testeten den Antikörper nun an zwölf Patienten in einer Phase-IIb-Studie: Etokimab konnte nicht nur die allergischen Reaktionen stoppen, die beispielsweise durch eine Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben entstehen und die Symptomatik verstärken. Der Wirkstoff konnte ebenfalls verhindern, dass neutrophile Granulozyten in die Haut migrieren: So werden auch Entzündungsreaktionen unterbunden, die nicht allergisch bedingt sind, sondern aufgrund von Verletzungen der Haut durch vermehrtes Kratzen entstehen.
Während der Studie wurde zweimal die atopische Reaktion der Haut bei den Patienten untersucht: Mittels Injektion wurden Antigene der Hausstaubmilbe beziehungsweise Kochsalzlösung in die Haut eingebracht und anschließend Flüssigkeit aus der Haut im Labor untersucht: Bei der ersten Durchführung handelte es sich um eine Placeboinfusion mit Kochsalzlösung, die zweite Durchführung wurde mit 300 mg Etokimab durchgeführt. Der Vergleich zeigte, dass Etokimab die entzündliche Reaktion verhinderte. Auch die Betrachtung des Hautzustandes konnte diese Wirkung untermauern, da sich eine deutliche Linderung der Symptome abzeichnete.
Die Teilnehmer der Studie litten an einer mittleren bis schweren Form der Neurodermitis. Grundlage für die Beurteilung stellt der sogenannte „Eczema Area and Severty Index“ (EASI-Score) dar: Mit ihm können Ausdehnung und Schweregrad der Erkrankung bewertet werden – der Maximalwert liegt bei 72 Punkten. Durch die Behandlung mit Etokimab kam es bei den meisten Teilnehmern zu einer Verbesserung des Hautzustandes: 29 Tage nach der Infusion war der EASI-Score bei 83,3 Prozent der Patienten um die Hälfte gefallen, bei 33 Prozent der Teilnehmer sogar um 75 Prozent. Aufgrund der positiven Ergebnisse ist nun eine Phase-III-Studie mit 300 Patienten geplant, deren Ergebnisse noch in diesem Jahr erwartet werden.
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