Neurologie

Epilepsieanfälle durch Myelinverlust

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Berlin -

Die Zerstörung der Myelinscheiden ist als Ursache für Multiple Sklerose (MS) bekannt. Doch Fehler beim Aufbau der Lipidschichten um die Nervenfasern könnten auch für das Auftreten von epileptischen Anfällen verantwortlich sein. Wissenschaftler der Universität Freiburg haben knapp 30.000 Gene analysiert, um die strukturelle Unregelmäßigkeit im Schläfenlappen des Menschen zu erklären, die mit Epilepsie in Verbindung gebracht wird. Demnach lassen sich die Probleme auf einen Verlust von Myelin zurückführen.

Epilepsieanfälle treten in unterschiedlichen Ausprägungen auf. Die schwerste Form ist der generalisierte Anfall, bei dem es zur Verkrampfung mit rhythmischen Zuckungen von Armen und Beinen und Bewusstseinsverlust kommen kann. Etwas weniger schwer sind die fokalen Anfälle, die in der Regel auf ein epileptisches Geschehen in nur einem kleinen Teil des Gehirns zurückzuführen sind. Dementsprechend können auch die Ausprägungen sich unterscheiden, je nachdem welcher Teil der Hirnrinde betroffen ist.

Bei jedem vierten Patienten mit lokal begrenzter Epilepsie finden sich krankhafte Veränderungen im Schläfenlappen des Gehirns. Sie werden als fokale kortikale Dysplasien bezeichnet. Betroffene Patienten weisen oft eine Resistenz gegen Antiepileptika auf. Der bislang wirkungsvollste therapeutische Ansatz ist, die betroffenen Areale zu entfernen, denn nach einer Operation kommen in der Regel keine epileptischen Anfälle mehr vor.

Welche molekularen Zusammenhänge zwischen der abweichenden Cortexstruktur und dem Auftreten von Epilepsie bestehen, konnten Forscher jedoch bislang nur vermuten. In der Fachzeitschrift „Cerebral Cortex“ beschreibt das Freiburger Forscherteam die pathologischen Prozesse im Gewebe bei einer Entwicklungsstörung der Großhirnrinde. Die Wissenschaftler um die Neurobiologin Professor Dr. Carola Haas verglichen, welche Gene bei fehlgebildetem Hirnrindengewebe und epileptischem, nicht fehlgebildeten Hirnrindengewebe exprimiert sind.

Dazu nutzten die Forscher sogenannte Microarrays, eine Chiptechnologie, die ursprünglich aus der Halbleiterindustrie stammt. Durch ein vollständiges Transkriptom-Screening analysierten die Forscher 28.869 Gene. 211 wiesen in den beiden Gruppe unterschiedliche Exprimierungsmuster auf. Auffällig war, dass ein Großteil der Gene, die für die Bildung von Myelin verantwortlich sind, im kranken Gewebe deutlich herunterreguliert waren.

Die Auswirkung der verminderten Genexpression konnte ebenfalls beobachtet werden: Die Myelinfasern im betroffenen Teil des Cortex waren völlig anders abgeordnet als im gesunden Teil. Dies führe zu einer verminderten Ummantelung der Nervenfasern, so die Forscher. „Möglicherweise lässt sich die Neigung zu Epilepsie bei der untersuchten Fehlbildung auf eine dadurch entstandene elektrische Überreizbarkeit jener Nervenfaserumhüllung zurückführen“, sagt Haas.

In weiteren Studien wollen die Forscher nun herausfinden, was im fehlgebildeten Gewebe bei der Entwicklung von Myelin genau passiert. Sind die Vorgänge genauer bekannt, könnte dies zu neuen Ansätzen für die Entwicklung antiepileptischer Medikamente führen, so die Hoffnung der Wissenschaftler.

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