Therapieansatz

Enzymhemmer gegen Alzheimer dpa/APOTHEKE ADHOC, 29.09.2008 15:45 Uhr

Halle/London/Berlin - 

Mit einem neuartigen Enzymhemmer haben deutsche Forscher erfolgreich Alzheimer-Symptome bei Versuchstieren in Schach gehalten. Der experimentelle Wirkstoff bremste die Entstehung der Beta-Amyloid-Plaques, der für die Krankheit typischen Eiweiß-Ablagerungen, im Hirn von Labormäusen um 80 Prozent, wie die beteiligten Wissenschaftler um Dr. Hans-Ulrich Demuth von des biopharmazeutischen Unternehmens Probiodrug in Halle in einer Online-Veröffentlichung des Fachblatts „Nature Medicine“ erläutern.

Die Wissenschaftler hatten entdeckt, dass im Gehirn von Alzheimer-Patienten im Vergleich zu Gesunden eine besonders hohe Menge des Enzyms Glutaminylzyklase gebildet wird. Dieses wandelt nach ihren Erkenntnissen Beta-Amyloid-Peptide in eine Form um, die stark zur Verklumpung neigt. Diese modifizierten Peptide sind den Angaben zufolge sehr schwer abbaubar und bilden den Kern der charakteristischen Beta-Amyloid-Plaques.

Blockierten die Forscher das Enzym mit ihrem experimentellen Wirkstoff, entstanden sehr viel weniger Ablagerungen in den Mäusehirnen. Zudem stieg in Verhaltenstests auch die Hirnleistung der Nager. Die Versuchstiere sind speziell gezüchtet, um Alzheimer- Symptome zu entwickeln.

Die Forscher sehen darin einen möglichen neuen Ansatz im Kampf gegen die Alzheimer-Demenz, die in Deutschland Schätzungen zufolge mehr als 600.000 vor allem alte Menschen betrifft. Nebenwirkungen beobachteten sie in ihren Versuchen nicht. Die Labortiere hätten die zum Teil zehn Monate lange Behandlung problemlos vertragen. Außer einer verbesserten Hirnleistung habe sich das Verhalten nicht verändert.

Demuth geht davon aus, dass es mindestens sieben Jahre dauern wird, bis aus den bisherigen Forschungen der Wissenschaftler ein Wirkstoff gegen Alzheimer am Menschen getestet werden kann. Die Kosten für die Entwicklung eines derartigen Medikaments würden „jenseits von 800 Millionen Euro“ liegen. Dies könne eine Firma wie Probiodrug nicht stemmen. „Die Alzheimer-Forschung ist sehr teuer, dauert sehr lange, und deshalb sind wir eines Tages gezwungen, eine Partnerschaft einzugehen“, sagte Demuth mit Blick auf die Pharmaindustrie.

Das Unternehmen aus Halle wurde 1997 als Gesellschaft für Arzneimittelforschung gegründet. Probiodrug mit heute rund 70 Beschäftigten in Halle und Martinsried bei München und ist nach eigenen Angaben auch auf dem Gebiet der Diabetes-Forschung tätig.