Enzymforschung

Jo-Jo-Effekt aufgeklärt

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Berlin -

Wissenschaftler aus München haben einen möglichen Angriffspunkt gegen den Jo-Jo-Effekt gefunden. Das Team des Helmholtz Zentrums, der Technischen Universität und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) entdeckte einen Mechanismus, der die Wirkung des Sättigungshormons Leptin steuert. Ein Enzym fungiert demnach als zentrale Stellgröße für das Hungergefühl des Menschen.

Es ist nicht einfach, die überschüssigen Kilos zu verlieren. Das Idealgewicht anschließend zu halten, ist jedoch eine mindestens genauso große Herausforderung. Die physiologischen Vorgänge beim Zu- und Abnehmen sind komplex, verschiedenste Faktoren steuern das Zusammenspiel aus Enzymen, Proteinen und Genen. Die Münchener Wissenschaftler um Dr. Paul Pfluger und Professor Dr. Matthias Tschöp haben nun einen neuen Baustein identifiziert, der für die Steuerung von Gewichtszu- und -abnahme mitverantwortlich ist. Sie fanden heraus, dass das Enzym Histon-Deacetylase 5 (HDAC5) einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkung des Hormons Leptin hat.

Leptin wird vom Fettgewebe in direkter Korrelation zur Fettmasse in den Körper abgegeben und signalisiert dem Gehirn, dass die Fettspeicher voll sind. Dies führt unter normalen Umständen dazu, dass der Körper die Nahrungsaufnahme senkt. Es kommt zu einer Reduktion des Körpergewichtes und der Fettspeicher. Dann wird wieder weniger Leptin abgegeben, die Nahrungsaufnahme wird erhöht, Körpergewicht und Fettspeicher werden größer. Funktioniert aber die Steuerung des Hungergefühls im Gehirn nicht, gerät auch das Zusammenspiel zwischen Leptin und Fettspeichern aus dem Gleichgewicht.

„HDAC5 ist ein wichtiges Bindeglied in der Kommunikation zwischen unserem Fettgewebe und den Hungerzentren im Gehirn“, beschreibt Pfluger die Erkenntnisse. Experimente hätten gezeigt, dass die Produktion und Aktivität von HDAC5 im Hypothalamus erhöht wird, wenn die Fettspeicher vergrößert sind und das Sättigungshormon Leptin ausgeschüttet wird. Die Forscher bezeichnen das Enzym als eine Art Schalter im Gehirn. Über HDAC5 erkennt der Körper den Füllzustand der Fettgewebsspeicher und kann seine Nahrungsaufnahme entsprechend anpassen.

Wie die Interaktion zwischen Enzym und Hormon genau funktioniert, konnten die Forscher nun erstmals zeigen. HDAC5 deacetyliert den Transkriptionsfaktor STAT3, der dann an den Leptin-Rezeptor wandert und dort in seine aktive Form umgewandelt wird. Im Zellkern bindet der Faktor an die DNA und aktiviert Gen- und Verhaltensprogramme, die letztendlich die Senkung des Hungergefühls und damit der Nahrungsaufnahme bewirken. Liegt HDAC5 nicht vor, sammelt sich STAT3 als inaktives Protein im Zellkern an. Der Leptin-Signalweg ist ausgeschaltet und das Sättigungsgefühl setzt aus.

In Tierversuchen konnte die Theorie bestätigt werden: Mäuse, die kein HDAC5 produzieren können, reagierten deutlich schlechter auf Leptin – man spricht von einer Leptinresistenz. Entsprechend zeigen sie eine durchgehend erhöhte Nahrungsaufnahme und weisen im Vergleich zu Mäusen mit intaktem HDAC5 verstärkt Adipositas auf. Durch gezielte Aktivierung von HDAC5 konnte das Team diesen Effekt umkehren – die Tiere verloren an Gewicht.

„Die Wiederherstellung der Leptin-Sensitivität ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur nachhaltigen Gewichtsreduktion und der Bekämpfung von möglichen Folgeerkrankungen des Übergewichts wie etwa Typ-2-Diabetes“, sagt Pfluger. „Neben den unbedingt notwendigen Veränderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten könnte man künftig möglicherweise auch gezielt Einzelkomponenten der Leptinwirkung wie HDAC5 durch Medikamente beeinflussen, um den Abnehmprozess zu unterstützen.“

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