Patienten, die an Hypoparathyreoidismus erkrankt sind, können nur eingeschränkt Parathormon (PTH) synthetisieren. Eine kausale Therapie gibt es nicht, denn Grund für den Mangel ist in den meisten Fällen die Zerstörung von Drüsengewebe. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat jetzt die Zulassung vom gentechnisch hergestellten Natpar zur Hormonersatz-Therapie empfohlen.
Natpar enthält als aktive Substanz ein Peptidhormon, das über dieselbe Sequenz von 84 Aminosäuren wie das körpereigene PTH verfügt. Die Zulassungsempfehlung bezieht sich auf Erwachsene mit chronischem Hypoparathyreoidismus, wenn eine Standardtherapie mit Calcium und Vitamin D nicht erfolgreich ist. Das Hormon ist zur subkutanen Injektion bestimmt und wird als Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung in den Stärken 25, 50, 75 und 100 µg erhältlich sein. Die Therapie erfordert eine einmal tägliche Anwendung.
Derzeit gibt es außer der symptomatische Therapie keine Behandlungsoption für Patienten mit dieser seltenen Erkrankung, entsprechend wurde Natpar bereits 2013 als Orphan Drug eingestuft. In den USA ist das Arzneimittel seit April 2015 verfügbar. Die EMA befürwortet eine bedingte Zulassung für das Präparat, der Hersteller Shire muss also ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis der Therapie nachweisen.
Ursache für das Fehlen des Hormons im Körper ist die Unterfunktion der Nebenschilddrüse, die zu wenig PTH produziert. Das Hormon spielt eine wichtige Rolle in der Homöostase von Calcium- und Phospat-Ionen. Folglich entstehen bei einem Mangel geringe Calcium- und erhöhte Phosphatwerte im Blut, die dazu führen, dass die normale Nerven- und Muskelfunktion nicht mehr gewährleistet ist. Aufgrund der hormonalen Fehlsteuerung führt dies häufig zu Kribbelgefühlen, Muskelkrämpfen und Herzrhythmusstörungen. Langfristig endet ein unkontrollierter Hypoparathyreoidismus in Knochenfrakturen und Calcium-Ablagerungen an Nieren, Gehirn und Augenlinsen.
Sicherheit und Wirksamkeit von Natpar wurden in einer Phase-III-Studie untersucht. 124 Probanden erhielten 24 Wochen lang zusätzlich zur Standardtherapie entweder Natpar oder Placebo. Rund 55 Prozent der Verumgruppe erreichte eine 50-prozentige Reduktion einer Calcium- und Vitamin D-Gabe, in der Placebogruppe waren es lediglich 2,5 Prozent. Als Nebenwirkungen wurden Hyper- und Hypocalcämien sowie Parästhesien, Kopfschmerzen und Übelkeit beobachtet.
In Tierstudien wurde beobachtet, dass das Arzneimittel zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Knochentumor führen kann. Dies erklärt die empfohlene Zulassung unter Vorbehalt. Aufgrund der eingeschränkten Datenlage ist unbekannt, ob die Patienten unter dieser Therapie ein höheres Risiko haben, diese Krebserkrankung zu bekommen.
Anders als andere Hormone wie L-Thyroxin oder Ethinylestradiol lässt sich PTH bislang nicht für die industrielle Nutzung synthetisch herstellen. Unter dem Namen Forsteo (Teriparatid) hat Lilly ein synthetisch hergestelltes Analogon auf dem Markt gebracht, dessen Sequenz aus 34 Aminosäuren besteht. Forsteo wird zur Behandlung der Osteoporose eingesetzt.
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