Ein Jahr Securpharm Alexandra Negt, 10.02.2020 08:01 Uhr
Das digitale Fälschungsschutzsystem Securpharm besteht nun seit einem Jahr. Das europäische Großprojekt wird in über 30 Ländern umgesetzt. Durch den digitalen Ausweis soll die Fälschung von Arzneimitteln erschwert werden. Securpharm soll dem Patienten mehr Sicherheit beim Arzneimittelerwerb bieten. Nach einem Jahr in der Praxis wurden viele anfängliche Schwierigkeiten behoben, in den Apotheken kommt es ab und an aber immer noch zu Fehlermeldungen.
„Die Einführung des Securpharm-Systems verlief weitestgehend reibungslos“, berichtet Martin Bergen, Geschäftsführer von Securpharm. „Gerade die Testmöglichkeiten haben dazu geführt, dass die pharmazeutischen Unternehmer die Umstellung pünktlich zum Stichtag vollzogen haben.“ Im Februar 2019 habe es keine größeren Komplikationen seitens der Hersteller gegeben, bereits 2013 gab es das erste Pilotprojekt, um Schwierigkeiten innerhalb der praktischen Umsetzung frühestmöglich zu erkennen.
Securpharm in Zahlen
Europaweit nutzen über 160.000 verifizierte Stellen den digitalen Fälschungsschutz. Die Software wird nicht von Securpharm gestellt – europaweit sind es über 2000 Softwareanbieter. Neben Apotheken sind Krankenhausapotheken und Großhändler verifizierte Nutzer. Die Gesamtzahl der teilnehmenden pharmazeutischen Unternehmen beläuft sich momentan auf 2355.
Mittlerweile gibt es 62.404 serialisierungspflichtige Produkte. Am 31.13.2018 waren 65 Millionen Packungsdaten hochgeladen, ein Jahr später 1,05 Milliarden. Zur Einführung führten knapp 5 Prozent aller Scans zu einer Fehlermeldung, bei steigender Anzahl an Scans konnte die Fehlerquote auf 0,42 Prozent gesenkt werden. Die Nutzungszahlen steigen kontinuierlich: Waren es im März 2019 noch durchschnittlich 5 Millionen Scans pro Woche, so werden aktuell rund 35 bis 40 Millionen Scans pro Woche durchgeführt.
Fehlertendenz
Seit der Einführung kam es in Deutschland zu einem großen Softwarefehler: „Ein ganz bestimmter Fehler, in der Software eines einzelnen Nutzers, führte zu einem starken Anstieg der wöchentlichen Scanzahlen. Der Fehler führte dazu, dass das System ein und dieselbe Packung immer und immer wieder verifizierte – millionenfach“, berichtet Bergen. Solche Fehler hätten sich bislang nicht wiederholt. „Wir erfassen solche Softwarefehler und dokumentieren sie intern, veröffentlichen tun wir sie nicht.“
Die meisten Fehlalarme würden durch den Mitarbeiter selbst entstehen: „Im intensiven Beratungsgespräch kann es dazu kommen, dass der Apothekenmitarbeiter die Packung doppelt verifiziert, einmal zu Beginn des Gespräches und einmal nach erfolgter Beratung. Das kann passieren und ist gar nicht weiter schlimm – es führt nun eben zu einer erfassten Fehlermeldung“, erklärt Bergen.
Als weitere Quellen für Fehlalarme gibt er die Fehlkonfiguration der beteiligten Systeme an – wenn der Scanner beispielsweise falsch eingestellt ist, kann die Packung nicht verifiziert werden. Der Scanner unterscheidet zwischen Groß- und Kleinschreibung, sowie zwischen der europäischen und der amerikanischen Tastatur. „Um herauszufinden, ob der Scanner falsch eingestellt ist, haben wir für die Apothekenmitarbeiter einen einfachen Test erstellt. Der Mitarbeiter druckt sich einen Data-Matrix-Code aus und scannt diesen ab. Ist der Scanner korrekt eingestellt, so kann das Wort FahrzeugTyp gelesen werden.“ Dieses Wort wurde gewählt, da es Groß- und Kleinbuchstaben, sowie ein „Y“ und ein „Z“ enthält.
Als weitere Fehlerursachen nennt Bergen fehlerhafte Bedruckungen der Packungen. „Ab und an sind die Codes zu schwach aufgedruckt, oder es kommt je nach Tageslicht zu Spiegellungen, sodass der Scanner den Code nicht verarbeiten kann“, berichtet Bergen. Auch ein fehlender oder unvollständiger Datenupload seitens der Hersteller könne einen Fehlalarm auslösen, diese Ursache würde aber immer seltener auftreten. Bugs in beteiligten Systemen könnten ebenfalls zu Fehlalarmen führen.
Fälschungen
Im ersten Jahr konnte in Deutschland kein Fälschungsverdacht bestätigt werden. Insgesamt wurden 60 Verdachtsfälle gemeldet – keiner wurde bestätigt. In den Niederlanden kam es zu einem Fälschungsalarm. Das Medikament war für den osteuropäischen Markt bestimmt. Dem niederländischen Großhändler fiel die Fehlermeldung auf, er meldete es der zuständigen Behörde und die Arzneimittelchargen konnten aus dem Verkehr gezogen werden. „An dem Meldeweg von Fälschungsverdachten an sich hat sich auch durch die Einführung von Securpharm nichts geändert.“ Das digitale System stelle nur eine Hürde zur Fälschung dar. Die weitere Verfolgung einer Arzneimittelfälschung unterliegt nicht dem Zuständigkeitsbereich des Vereins.
Auch die Fehlerquote beim Erstöffnungsschutz wird durch das System nicht erfasst. „Unsere Fehlerstatistiken beziehen sich lediglich auf Alarme, die durch die Scans ausgelöst werden. Der Anti-Tampering-Device fällt nicht in den Arbeitsbereich von Securpharm. Inwiefern es bei den Siegeln oder Heißleimverklebungen zu Schwierigkeiten kommt, bleibt unklar.
Der Verein zieht eine positive Bilanz nach dem ersten Jahr: „Aktuell besitzen 60 Prozent aller im Markt befindlichen Packungen einen digitalen Fälschungsschutz. Bei den restlichen 40 Prozent handelt es sich meist noch um Bestandsware, die bereits vor der Securpharm-Einführung im Umlauf war“, erklärt Bergen.