G-BA zementiert Monopol für Sanofi

Efluelda: Empfehlung oder Pflicht?

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Berlin -

Die Vorbestellungen für Grippeimpfstoffe laufen, doch noch hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die geänderte Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) nicht abgesegnet. Wie sollen sich Apotheken und Arztpraxen verhalten? Am besten noch abwarten – oder ins Risiko gehen.

In der nächsten Grippesaison 2021/22 sollen ältere Menschen über 60 Jahre einen wirksameren Hochdosis-Impfstoff bekommen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Ende Januar beschlossen und damit eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) umgesetzt.

Für Apotheken und Arztpraxen ist die Änderung, so sie denn vom BMG verabschiedet wird, bindend: Angesichts des klaren Votums der Experten bleibt laut G-BA „grundsätzlich kein Raum für eine Anwendung ‚konventioneller‘ inaktivierter quadrivalenter Influenza-Impfstoffe innerhalb der GKV“. Es sei den Versicherten „grundsätzlich nicht zuzumuten, auf eine im Vergleich unterlegene Leistung verwiesen zu werden“, heißt es in der Begründung zum Beschluss.

Das Problem: Es gibt nur einen einzigen Impfstoff, zu dem die Empfehlung passt: Efluelda von Sanofi. Es handelt sich um einen Ei-basierten Spaltimpfstoff, der die vierfache Menge HA-Antigen (60 μg) enthält. Als Teil der Nationalen Reserve war die Vakzine als US-Import verfügbar, nun soll sie unter dem Namen Efluelda regulär auf den Markt kommen. Sanofi sammelt längst die Vorbestellungen der Arztpraxen ein.

Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hält man sich an den G-BA: „Der Beschluss liegt nunmehr beim Bundesgesundheitsministerium, das innerhalb eines Monats entscheiden muss, ob der Beschluss beanstandet wird oder nicht. Vorgesehen ist das Inkrafttreten des G-BA-Beschlusses für den 1. April 2021, so dass der neue Inhalt der SI-RL bei der Durchführung der Influenza-Impfungen in der Saison 2021/2022 von den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten voraussichtlich verbindlich zu beachten ist.“

Dagegen herrscht unter den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) derzeit kein Konsens. So empfahl die KV Baden-Württemberg zuletzt, den Hochdosisimpfstoff „aus Gründen der Wirtschaftlichkeit“ nur für die Personengruppe über 65 Jahren zu bestellen. Die KV Berlin empfahl, den Hochdosisimpfstoff nur unter Vorbehalt beziehungsweise mit Rücktrittsrecht zu reservieren und konventionelle Bestellungen unverändert beizubehalten.

Dagegen empfahl die KV Hamburg, Hochdosisimpfstoff nachzubestellen und gegebenenfalls Bestellungen von konventionellen Impfstoffen zu reduzieren, da man die Zulassungserweiterung für die Altersgruppe von 60 bis 64 Jahren für „sehr wahrscheinlich“ halte. Anderenfalls sei eine Stornierung oder eine Wandlung der Bestellung in konventionelle Impfstoffe möglich, so die KV Nordrhein. Die KV Thüringen empfahl kurzerhand, für die Altersgruppe 60 bis 64 Jahre gegebenenfalls einfach beide Impfstoffe einzuplanen.

Wieder andere, zum Beispiel die KV Bayern, hielten sich mit konkreten Empfehlungen zurück und boten lediglich eine Übersicht über die aktuellen Regelungen und noch ausstehenden Entscheidungen mit der Bitte, diese Umstände bei den Bestellungen zu berücksichtigen.

Die teils widersprüchlichen und mitunter wenig aussagekräftigen Empfehlungen der KVen verdeutlichen laut Experten, wie unübersichtlich die aktuelle Beschlusslage für alle Beteiligten ist. In der kommenden Grippesaison 2021/2022 drohe daher unter diesen Umständen eine Wiederholung des logistischen Durcheinanders der laufenden Grippesaison.

Das BMG hält sich noch bedeckt: Nach der für die aktuelle Saison noch geltenden Verordnung hätten Versicherte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, im Rahmen der Verfügbarkeit Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen Influenza mit einem inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Hochdosis-Impfstoff. Aktuell könnetn daher beide Impfstoffe – herkömmlich und hochdosiert – verimpft werden.

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