Gehirnströme als Marker für Wirksamkeit: Einer US-Studie zufolge kann die Elektroenzephalogie (EEG) Hinweise liefern, ob die Behandlung einer Depression mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) anschlägt. Die Ergebnisse wurden Im April im „Jama Psychiatry“ veröffentlicht.
In Deutschland leiden mehr als fünf Millionen Menschen an einer Depression. Für die Therapie stehen zahlreiche Arzneistoffe zur Verfügung. Ob das verordnete Antidepressivum wirkt, kann meist erst nach mehreren Wochen beurteilt werden. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind oft vorab spürbar und können die Beurteilung der Wirksamkeit erschweren. Bis das passende Arzneimittel gefunden wurde, kann einige Zeit vergehen. Das Ergebnis der US-Studie sei eine Chance, die Suche nach dem geeigneten Medikament zu verkürzen, so die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN).
Das Team um Diego A. Pizzagalli der McLean University Boston wertete Daten von vier US-Kliniken aus. Insgesamt wurden 634 Patienten mit Major-Depression gescreent und 296 schließlich randomisiert. Die Probanden unterzogen sich einer ambulanten Therapie, eine Psychose konnte ausgeschlossen werden. Die Studienteilnehmer erhielten entweder das Antidepressivum Sertralin aus der Gruppe der SSRI oder Placebo. Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich über acht Wochen.
Zu Therapiebeginn und eine Woche später wurde ein EEG durchgeführt. Gemessen wurden die Hirnströme, wobei sich die Ergebnisse der Embarg-Studie auf einen Teil im limbischen System der Probanden beschränkten. Das Forscherteam betrachtete den rostralen Abschnitt des anterioren Gyrus cinguli, der bereits seit Längerem mit schweren Depressionen in Verbindung gebracht wurde.
Insgesamt konnten Daten von 248 Probanden ausgewertet werden. Bei einem Durchschnittsalter von etwa 37 Jahren waren 160 Teilnehmer weiblich und 88 männlich. Wurde im beschriebenen Hirnareal eine hohe Aktivität von Thetawellen gemessen, schlussfolgerten die Forscher daraus ein besseres Ansprechen auf das Antidepressivum.
In Kombination von EEG-Anlayse, klinischen und demographischen Daten konnte ein Ansprechen der Therapie zu etwa 40 Prozent in Erwägung gezogen werden. Die Thetawellen-Aktivität konnte nur bei etwa 9 Prozent eine Erklärung für den Therapieerfolg liefern.
Professor Dr. Stefan Knecht, Chefarzt an der Klinik für Neurologie, St. Mauritius Therapieklinik, Meerbusch, und Pressesprecher der DGKN, ist dennoch optimistisch: „Wenn die Beobachtungen aus der Studie bestätigt werden, könnte das EEG bei Depressionen zukünftig routinemäßig zum Einsatz kommen.“
Als Hauptursache für Depression zählt seit Langem eine zu geringe Konzentration an Serotonin. Die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen ist gestört. Therapeutisch kommen bei diesem Krankheitsbild SSRI wie Citalopram, Escitalopram, Paroxetin und Sertralin zum Einsatz. Die Arzneistoffe beheben diesen Mangel, indem sie die Wiederaufnahme hemmen und damit für höhere Konzentrationen der Substanz im synaptischen Spalt sorgen.
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