Ecopipam: Neuer Wirkstoff bei Tourette in Sicht Alexandra Negt, 12.04.2022 11:12 Uhr
Der Dopamin-Rezeptor-Antagonist Ecopipam konnte in einer Phase-IIb-Studie schwere Tics im Rahmen des Tourette-Syndroms signifikant reduzieren. Aktuell ist die Krankheit nicht heilbar.
Ecopipam wird vom Hersteller Emalex entwickelt. Neben der Anwendung bei Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren wird auch der Einsatz bei Stottern untersucht. An der aktuellen Phase-IIb-Studie haben 153 Kinder teilgenommen. 149 Kinder konnten bei der Auswertung berücksichtigt werden. Die Hälfte der Teilnehmer:innen erhielt über 13 Wochen lang Ecopipam, die andere Hälfte erhielt Placebo. Im Ergebnis zeigte sich, dass der Dopamin-D1-Rezeptor-Antagonist Ticks signifikant reduzieren konnte. Im Vergleich mit der Placebo-Gruppe minderte sich die Tic-Symptomatik (gemessen am Total Tic Score, YGTSS-TTS und Clinical Global Impression of Tourette Syndrome Severity, CGI-TS-S) um rund 30 Prozent.
Zu den ersten bekannten Nebenwirkungen von Ecopipam gehören Müdigkeit, Unruhe, Übelkeit und Angstzustände. Da der experimentelle Wirkstoff anders als die anderen Therapieoptionen nicht den Dopamin-D2-Rezeptor, sondern den Dopamin-D1-Rezeptor blockiert, könnte die befürchtete Nebenwirkung der Gewichtszunahme ausbleiben. Auch die bei Haloperidol & Co. weit verbreitete Muskelsteifigkeit scheint nicht aufzutreten.
Alternative mit weniger Nebenwirkungen
Aktuell ist das Tourette-Syndrom nicht heilbar. Eingesetzte Präparate können nur die Symptomatik lindern. Bislang werden vor allem Dopaminrezeptor-D2-Antagonisten eingesetzt. Als einziger Wirkstoff bei Tourette zugelassen ist Haloperidol. Der zu den Neuroleptika gehörende Wirkstoff führt zu einer starken psychomotorischen Dämpfung, sodass Erregungszustände abmildern kann. Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen unter der Einnahme von Haloperidol zählen Agitiertheit (übermäßige motorische Aktivität), Schlaflosigkeit, extrapyramidale Erkrankungen (Störung im Bewegungsablauf mit erhöhtem oder vermindertem Spannungszustand der Muskulatur), Hyperkinesie (plötzliche, unwillkürliche, überschießenden Bewegungen) und Kopfschmerzen.
Neben Haloperidol werden auch die Wirkstoffe Sulpirid, Tiaprid und Pimozide eingsetzt. Dabei ist die Behandlung der Patient:innen immer ganz individuell. Beherrschen vor allem die Tics das Krankheitsbild, oder neigen die Betroffenen zur autoaggressivem Verhalten, so eignen sich Dopaminantagonisten gut zur Therapie. Doch auch Risperidon und Olanzapin konnten in einigen Studien überzeugen. Paroxetin oder Fluoxetin können bei entsprechender Begleitsymptomatik eingesetzt werden. Ecopipam könnte aufgrund eines besseren Nebenwirkungsprofils eventuell eine gute Therapiealternative zu den bisherigen Präparaten sein.