Wilfords Dreiflügelfrucht (Tripterygium wilfordii, Celastraceae) ist eine bekannte Pflanze aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und wird unter anderem bei Gürtelrose und rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. In einer aktuellen Untersuchung konnten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München (HZM) unter anderem zeigen, dass der enthaltene Wirkstoff Celastrol Sättigungszentren im Gehirn aktiviert und einen weiteren möglichen Wirkmechanismus ausschließen. Die Studienergebnisse sind im Fachjournal „Diabetes” nachzulesen.
Das Proteohormon Leptin hemmt zentral das Hungergefühl und ist maßgeblich an der Regulierung des Fettstoffwechsels beteiligt. Je weniger Leptin im Blut vorhanden ist, desto häufiger treten starke Hungergefühle auf. Dies gilt jedoch nur für Normalgewichtige. Bei adipösen Personen ist stets eine große Menge Leptin im Blut, die jedoch nicht den erwarteten sättigenden Effekt hat. Hier liegt eine Leptin-Resistenz vor, deren Mechanismus nicht vollständig geklärt ist.
Aus früheren Untersuchungen an Tieren ist bekannt, dass das pentacyclische Terpen Celastrol unter anderem antioxidative, entzündungshemmende, antidiabetische und insektizide Eigenschaften hat. In einer im Fachjournal „Cell” veröffentlichten Studie aus dem Jahr 2015 konnten Wissenschaftler zeigen, dass der Wirkstoff bei Mäusen eine kontrollierende Wirkung auf die Fettleibigkeit hat, da er als Leptin-Sensitizer fungiert und die Glucose-Homöostase verbessert. Eine Forschergruppe um Dr. Paul Pfluger bestätigt nun auch, dass Celastrol zu einem deutlichen Gewichtsverlust und zu einer Verbesserung des Diabetes bei fettleibigen Labortieren führt. In der Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas könnte damit künftig eine neue Therapieoption zum Einsatz kommen – vorausgesetzt die Wirksamkeit der Substanz kann auch in der Klinik bestätigt werden.
„Celastrol reaktiviert die körpereigenen Mechanismen zur Gewichtssteuerung, die bei Fettleibigkeit sonst aussetzen. Normalerweise verlieren die Betroffenen ihr Sättigungsgefühl, da das entsprechende Hormon Leptin nicht mehr wirkt”, erklärt Katrin Pfuhlmann, Doktorandin und Erstautorin der Studie. Der untersuchte Wirkstoff stelle die Leptin-Sensitivität und damit die Sättigung wieder her. Die Wissenschaftler beobachteten, dass die Substanz ein deutlich verändertes Essverhalten bei den übergewichtigen Tieren hervorrief. „Die Gabe von Celastrol führte im Mausmodell zu einer deutlich geringeren Nahrungsaufnahme“, berichtet Pfluger, Letztautor und Studienleiter. Innerhalb einer Woche konnten sie einen durchschnittlichen Verlust von rund zehn Prozent Körpergewicht feststellen.
Die Forscher arbeiteten mit unterschiedlichen Mäusepopulationen und stellten dabei Unterschiede in der Wirkung fest: Während junge Mäuse mit defektem Leptin-Rezeptor mit einer Abnahme der Nahrungsaufnahme und des Körpergewichts reagieren, sprechen erwachsene Mäuse mit einem defekten Leptin-Rezeptor nicht mehr auf Celastrol an. Das deute darauf hin, dass funktionelle Leptin-Signale in erwachsenen Mäusen erforderlich seien, um katabole Wirkungen des Celastrols auszulösen. Bisher ging man außerdem davon, dass eines der Targets von Celastrol die Protein-Tyrosin-Phosphatase 1 (PTP1B), ein Leptin-Regulator mit negativer Rückkopplung, ist. Die aktuelle Studie stellt das nun infrage, denn sie zeigte bei Mäusen, bei denen das Gen für PTP1B inaktiviert wurden, nach der Behandlung mit Celastrol einen vergleichbaren Gewichtsverlust und Hypophagie.
Erhöhte Konzentrationen des sogenannten entkoppelnden Proteins UCP1 in subkutanem weißen und braunen Fettgewebe führen zu einer Celastrol-induzierten Thermogenese. Die Forscher haben nun gezeigt, dass die Substanz zwar auf UCP1 wirke, doch die Effekte vernachlässigbar klein seien. „Wir schließen aus, dass UCP1 relevant für das Abnehmen ist. In diesem Zusammenhang spielt nur die Nahrungsaufnahme eine bedeutende Rolle”, kommentiert Pfluger.
„Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass Celastrol-induzierter Gewichtsverlust Hypophagie-bedingt ist und altersabhängig durch funktionelle Leptin-Signale vermittelt wird”, schreiben die Forscher. Sie legen nahe, dass der Ansatz der Leptin-Sensibilisierung als potenzielle Anti-Adipositas-Strategie weiter überprüft werden sollte. Pfluger ist zuversichtlich: “Das Sättigungshormon Leptin wirkt im Menschen und der Maus nahezu identisch, Celastrol hat also großes Potential.“ Die Substanz sei weltweit von großem Interesse, in den USA liefen bereits erste klinische Studien: „Auf erste Daten daraus sind wir sehr gespannt.”
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