Akuttherapie von Kopfschmerzen

Ditane/Gepante: Neue Substanzklassen gegen Migräne

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Berlin -

Im Bereich Migräne wird vielseitig geforscht. Das Therapiespektrum hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert: Vor allem im Bereich der Prophylaxe stehen mittlerweile verschiedene Antikörper zur Verfügung, die helfen sollen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren. Bei der Akuttherapie von schweren Migräneattacken sieht es anders aus: Bisher stehen nur Triptane zur Verfügung, doch das könnte sich bald ändern. Auf der auf der Jah­res­­tagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wurden neue Therapieoptionen vorgestellt.

Es gibt etwa 100 Arten von Kopfschmerz: Migräne, Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz und arzneimittelinduzierter Kopfschmerz stellen die häufigsten Arten dar. Mehr als 90 Prozent aller Kopfschmerzen lassen sich jedoch auf Migräne- und Spannungskopfschmerz zurückführen. In Deutschland leben schätzungsweise 100.000 Migräne-Patienten. Der chronische Kopfschmerz kann den Alltag unerträglich machen. Für die Behandlung stehen verschreibungspflichtige und -freie Arzneimittel zur Verfügung.

Bei leichten bis mittelschweren Attacken kommen Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol und nichtsteroidale Antirheumatika zum Einsatz. Manche Patienten sprechen auf diese Wirkstoffe jedoch nicht an. Besonders bei starker Migräne reicht die Wirkung nicht aus. Als weitere Therapieoption stehen dann bisher nur die Triptane zur Verfügung, um Anfallsdauer und -intensität zu mindern. Aufgrund der gefäßverengenden Wirkung dürfen diese jedoch von vielen Patienten nicht eingenommen werden.

Triptane können, wenn sie rechtzeitig eingenommen werden, Schmerzstärke und Anfallsdauer deutlich reduzieren. Grundsätzlich gelten sie als nebenwirkungsarm. Triptane binden an die 5-HT1-Rezeptoren: Dadurch hemmen sie die Schmerzreizweiterleitung und vermindern die Ausschüttung von entzündungsfördernden Neuropeptiden. Der Nachteil: Sie wirken gefäßverengend. Aus diesem Grund sind Triptane bei verschiedenen Patientengruppen kontraindiziert beispielsweise, wenn schwerwiegende vaskuläre Erkrankungen wie Angina pectoris oder auch verschiedene vaskuläre Risikofaktoren vorliegen. Gleiches gilt für Patienten, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben.

Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wurden neue Therapieoptionen für Patienten vorgestellt, bei denen die Einnahme von Triptanen kontraindiziert ist. Die neuen Optionen besitzen keine gefäßverengende Wirkung und stellen somit eine wirksame Therapieoption dar. Die beiden Substanzklassen der „Ditane“ und der „Gepante“ wurden speziell entwickelt und befinden sich derzeit in der klinischen Prüfung.

Ein Vertreter der „Ditane“ ist der Wirkstoff Lasmiditan: Die Substanz bindet ebenso wie die Triptane an den 5 HT1F-Rezeptor, hat aber keine vasokonstriktiven Eigenschaften. In zwei großen Phase-III-Studien konnte sich der Wirkstoff schon beweisen: Er war besser wirksam in der Akuttherapie eines Migräneanfalls als Placebo. Jedoch kann es unter der Behandlung zu zentralen Nebenwirkungen wie Benommenheit, Müdigkeit und Schwindel kommen.

Die Pathophysiologie der Migräne ist nicht nur durch eine Erweiterung der Hirnhautgefäße, eine erhöhte Trigenimus-Aktivität und aseptische Entzündungsreaktionen gekennzeichnet. Ebenfalls kommt es zur Freisetzung von Substanz P und dem Calcitonin-Gene-Related Peptide (CGRP): Das Neuropeptid wird zentral freigesetzt und gilt als starker Vasodilataor und Trigger für Entzündungen. Bei einer Migräne ist zu viel CGRP vorhanden.

Ein weiterer Ansatz sind daher Antagonisten am CGRP Rezeptor, die sogenannten „Gepante“: In größeren randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien zur Behandlung akuter Migräneattacken wurden die Wirkstoffe Ubrogepant und Rimegepant untersucht. Beide sind wirksamer als Placebo und haben im Gegensatz zu Lasmiditan nur geringe Nebenwirkungen. Bisher gibt es noch keine direkten Vergleichsstudien mit Triptanen.

Experten zufolge scheinen sowohl Lasmiditan als auch die CGRP-Rezeptorantagonisten zwar weniger wirksam zu sein als Triptane, dennoch könnten für Patienten mit schwerer Migräne, bei denen Triptane kontraindiziert sind, eine lang ersehnte und wichtige Therapieoption darstellen. Bisher gibt es für diese Patienten keine Akuttherapie der Migräne.

Eine Migräne ist in der Regel gut erkennbar. Der Schmerz ist meist einseitig und kann sich bei körperlicher Aktivität verstärken. Zudem können die Betroffenen licht- und geräuschempfindlich sein. Zu den vegetativen Begleitsymptomen zählen auch Übelkeit und Erbrechen.

Ein Migränepatient kennt sich und seine Attacke selbst sehr gut. Zudem können Vorboten eine Attacke ankündigen. Etwa 10 bis 15 Prozent erleben eine Aura. Danach folgt die Kopfschmerzphase, die drei bis fünf Stunden oder gar bis zu 70 Stunden andauern kann. Arzneimittel sollten daher je früher desto besser in der Kopfschmerzphase eingesetzt werden.

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