Alle zehn Jahre zur Auffrischung

Diphtherie: Impfschutz ist lebenswichtig Sandra Piontek, 10.02.2023 09:25 Uhr

Kinder und Senior:innen sind durch eine Diphtherie-Erkrankung besonders gefährdet. Foto: Adobestock/ Dmitry Naumov
Berlin - 

Unbehandelt endet eine Diphtherie-Erkrankung nicht selten tödlich, vor allem Kinder unter fünf Jahren und Senior:innen sind gefährdet. Wie wichtig der Impfschutz ist, zeigt aktuell wieder deutlich durch ein Aufflammen der Infektionszahlen. 108 Fälle wurden bis Ende November bundesweit gemeldet. Somit stiegen die Zahlen um das Fünffache im Vergleich zum Vorjahr, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) ist alarmiert.

Laut Recherchen des BVKJ betraf etwa ein Drittel der gemeldeten Diphtherie-Fälle Heranwachsende. „Gute Durchimpfungsraten schützen vor erneuten Ausbrüchen“. In dem Bericht heißt es weiter, dass „die Durchimpfungsraten bei Kindern in Deutschland gegen Diphtherie bisher relativ gut waren“. Dabei erhielten 90,2 Prozent des Geburtsjahrgangs 2018 die vollständige Grundimmunisierung bis zum Alter von 15 Monaten. In einem Krankenkassenbericht wurde jedoch dargelegt, dass es 2021 aufgrund der Coronapandemie 11 Prozent weniger Impfungen für Kinder und Jugendliche als noch 2019 gab. Besonders stark sei der Rückgang bei der Auffrischungs-Impfung gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung ab etwa 11 Jahren, so der BVKJ. Der Anstieg der Diphtherie-Fälle zeigt deutlich, wie wichtig der Impfschutz per Grundimmunisierung und Auffrischung ist.

Diphtherie ist nicht ausgerottet

Die Infektionskrankheit wird von Bakterien der Art Corynebacterium diphtheriae verursacht. Laut Robert Koch-Institut (RKI) treten Diphtherie-Infektionen weltweit auf. Seit Etablierung des Impfschemas in Säuglings- und Kinderimpfprogramme konnte jedoch eine deutliche Reduktion von Diphtherie-bedingter Morbidität und Mortalität beobachtet werden. Die Impfquote sei mit weniger als 90 Prozent in zwei Drittel aller Staaten allerdings zu niedrig, so das RKI. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt an, dass die meisten Diphtherie-Fälle in den vergangenen Jahren in subtropischen Ländern auftraten, vor allem in Indien. Endemisch ist die Erkrankung zudem in vielen Ländern Afrikas, Asiens, des Südpazifiks und Osteuropas und gilt somit keineswegs als ausgerottet.

Tröpfcheninfektion

Die Übertragung der Diphtherie erfolgt bei einem respiratorischen Befall über Tröpfchen, etwa beim Sprechen, Niesen oder Husten. Auch beim direkten Kontakt mit Hautdiphtherie-Läsionen oder infektiösen Ausscheidungen kann eine Infektion stattfinden. Seltener findet auch durch kontaminiertes Material und schlechte Hygiene eine Ansteckung statt. In der Regel beträgt die Inkubationszeit 2 bis 5 Tage, seltener bis zu 10 Tage.

Es werden hauptsächlich zwei Formen der Diphtherie unterschieden:

  • Hautdiphtherie
  • respiratorische Diphtherie
  • sehr selten sind Infektion von Schleimhäuten außerhalb des Respirationstrakts

Hautdiphtherie

Haut- oder Wunddiphtherie tritt häufiger in den Tropen oder Subtropen auf und führt auf Haut und Schleimhäuten zu schmierigen Belägen. Dabei kommt es oft zu Mischinfektionen mit A-Streptokokken und/oder Staphylokokken. Während einer Hautdiphtherie wird in der Regel nur wenig Toxin freigesetzt, so dass Vergiftungserscheinungen extrem selten sind. Mitunter sondern Diphtheriebakterien Gifte ab, die den Herzmuskel schwächen. Es kommt zu Nervenlähmungen und anderen Organkrankheiten.

Respiratorische Diphtherie

Vor allem Rachen, Mandeln, Kehlkopf und Nase sind bei dieser Art Diphtherie betroffen. Die Erkrankung beginnt meist mit Halsschmerzen, leichtem Fieber und Schluckbeschwerden. Anschließend treten Heiserkeit, Atemgeräusche und Schwellungen der vorderen Halslymphknoten auf. Innerhalb von 2 bis 3 Tagen bilden sich die typischen grau-weißen oder bräunlichen Beläge, die meist blutig sind und fest haften. Ein übler Mundgeruch ist oft charakteristisch. Die Rachenbeläge engen die Atemwege mitunter derart ein, dass es Betroffenen schwer fällt, genug Sauerstoff aufzunehmen.

Die Sterberate der respiratorischen Diphtherie liegt bei 5 bis 10 Prozent. Bei jüngeren Kindern unter 5 Jahren oder Erwachsenen über 40 Jahren liegt die mögliche Letalität mit 20 bis 40 Prozent deutlich höher. Dabei ist die Prognose nach überstehen der toxischen Wirkungen gut.

Antidot ist lebenswichtig

Auch wenn nur eine klinische Verdachtsdiagnose einer respiratorischen Diphtherie vorliegt, muss umgehend eine spezifische Therapie mit Antitoxin begonnen werden. Zellulär gebundenes Diphtherie-Toxin (DT) kann nicht mehr über die Antitoxin-Gabe neutralisiert werden, daher ist die schnellstmögliche Behandlung maßgebend für die Schwere des Krankheitsverlaufes. Darüber hinaus sollte eine unterstützende Antibiotikagabe erfolgen, um den Erreger zusätzlich einzudämmen. Leider bewirkt eine ausgeheilte Erkrankung keine langanhaltende Immunität, umso wichtiger ist der Impfschutz. Dabei zielt die Impfung gegen das DT und nicht gegen den Diphtherie-Erreger selbst. Die Immunität verhindert dabei überwiegend einen schweren Krankheitsverlauf, schützt aber nicht vor der Infektion.

Impfschema

Die Diphtherie-Impfung gehört in Deutschland zu den Standardimpfungen und wird von der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur Grundimmunisierung bei Säuglingen ab einem Alter von zwei und 11 bis 14 Monaten empfohlen. Eine Auffrischimpfung sollte im Alter von 5 bis 6 und 9 bis 17 Jahren erfolgen. Der Impfschutz verliert mit der Zeit an Wirkung, deshalb wird im Erwachsenenalter eine Auffrischimpfung alle 10 Jahre empfohlen. Die Vakzine werden ausschließlich in Form von Kombinationsimpfstoffen angeboten, die mindestens noch vor Tetanusinfektionen schützen, beispielsweise Covaxis oder Boostrix.