Für Dimenhydrinat- beziehungsweise Diphenhydramin-haltige Antiemetika gelten für Kinder bis zu drei Jahren neue Obergrenzen und Warnhinweise. Betroffen sind orale und feste Darreichungsformen.
Bereits im August startete das Risikobewertungsverfahren, nun ist das Stufenplanverfahren zur Anwendung von oralen und rektalen dimenhydrinat-/diphenhydraminhaltigen Antiemetika für Kinder unter drei Jahren abgeschlossen. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) lagen bis zum Beginn 39 Fälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen – fünf davon mit tödlichem Ausgang, bei Kleinkindern im Alter von 29 Tagen bis drei Jahren unter der Therapie mit den Antiemetika vor. Aufgrund der Vorfälle sollten Maßnahmen zur Risikominimierung und zur Vermeidung von Überdosierungen sowie zur Präzisierung der Indikation vorgenommen werden.
Eine Änderung der Produktinformationen sei unerlässlich, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimittel aufrechtzuerhalten, so das BfArM im August. Die Produktinformationen sollen nun einen Warnhinweis zur maximalen Tagesdosierung pro kg KG enthalten. Für Dimenhydrinat liegt die Höchstdosis bei 5 mg/kg KG innerhalb von 24 Stunden. Für Diphenhydramin sind die Hersteller aufgefordert, die Grenze festzulegen. Kinder mit einem Körpergewicht von 8 kg dürfen demnach nicht mehr als 40 mg Wirkstoff innerhalb 24 Stunden erhalten – bei 16 kg KG entsprechend maximal 80 mg.
Außerdem soll ein Warnhinweis hinzugefügt werden. Die Antihistaminika der ersten Generation sind nicht zur Behandlung einer banalen Magendarmgrippe oder fiebrigem Infekt angezeigt. Kinder bis zu drei Jahren sollten in diesen Fällen mit einer ausreichenden Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr behandelt werden. Denn bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu drei Jahren können unter der Therapie mit beiden Arzneistoffen schwere Nebenwirkungen wie zum Beispiel Krampfanfälle auftreten. Außerdem sollen feste Darreichungsformen mit einem Wirkstoffgehalt von 70 mg nicht bei Kleinkindern unter 14 kg KG angewendet werden. Mit dem Abschluss des Verfahrens folgt die Umsetzung der Warnhinweise.
Die 39 gemeldeten Fälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen lassen sich wie folgt aufschlüsseln: In sechs Fällen wurde das Medikament versehentlich geschluckt, in neun Fällen war die Indikation nicht genannt, in 14 Fällen wurde das Antiemetikum zur Behandlung eines fieberhaftes Infektes und in zehn Fällen zur Therapie einer Gastroenteritis verwendet. Der Großteil der Todesfälle konnte auf eine Überdosierung und eine damit einhergehende Intoxikation zurückgeführt werden.
Bereits vor fünf Jahren erarbeitete die deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin gemeinsam mit der Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter ein Positionspapier zu den Gefahren der Antihistaminika hin. Die Bindung der Arzneistoffe an zerebrale H1-Rezeptoren verursache besonders bei Kindern zentralnervöse Symptome wie etwa Benommenheit oder in toxischen Dosen Halluzinationen oder Krampfanfälle.
Bei Säuglingen könne ein Atemstillstand ausgelöst werden, hieß es im Papier. Außerdem wiesen die Experten darauf hin, dass für Säuglinge und Kleinkinder die Indikation „Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen bei Reisekrankheit“ in Studien nicht bestätigt wurde und vielmehr Kinder zwischen vier und zehn Jahren unter Kinetosen leiden.
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