Neues aus der Rheumatologie

Die Darm-Gelenk-Achse

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Berlin -

Die Ernährung und die Darmflora nehmen Einfluss auf rheumatologische Erkrankungen. Neben der bereits etwas bekannteren Darm-Hirn-Achse scheint auch eine Darm-Gelenk-Achse zu bestehen.

Du bist, was du isst – dieses Motto scheint neuen Erkenntnissen zufolge auch bei rheumatologischen Erkrankungen zuzutreffen. Beim diesjährigen Rheumatologiekongress rückte Professor Georg Schett, Leiter der Klinik für Rheumatologie und Immunologie am Universitätsklinikum Erlangen, die Themen Ernährung und Mikrobiom in den Fokus.

„Die Darm-Gelenk-Achse, also eine Verbindung von Darm und Gelenken, ist seit Langem bekannt“, so Schett, „Ärzte beobachten immer wieder, dass es bei einer Darminfektion zu einer Gelenkentzündung kommt. Umgekehrt leiden Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nicht selten unter Gelenkbeschwerden.“ Doch die genauen Zusammenhänge bleiben bisher unklar. In Erlangen konnten die Wissenschaftler:innen nun neue Erkenntnisse über die Abläufe zwischen Darm und Gelenk gewinnen und sprechen von einer Darm-Hirn-Achse.

Das Team um Schett konnte zeigen, dass Rheumapatient:innen häufig Barrierestörungen im Darm aufweisen. Die Folge ist, dass Darmbakterien mit dem Immunsystem in Kontakt geraten und eine entzündliche Reaktion auslösen. „Immunzellen aus dem Darm können in das Gelenk einwandern und dort die rheumatische Entzündung fördern.“ Dann kommt es zu den typischen Rheumasymptomen.

Häufig würden diese undichten Stellen zwischen einzelnen Schleimhautzellen liegen. Beim Gesunden werden sie durch sogenannte tight-junctions abgedichtet. Bei Rheumapatienten bleibt der Klebeeffekt häufig aus. Das Team um Schett konnte herausfinden warum: Es liegt zu viel Zonulin vor. Dieses von den Darmzellen selbstproduzierte Protein trägt dazu bei, dass die Lücken entstehen. Erste Wirkstoffe, die die Bildung von Zonulin verhindern sollen, befinden sich in der klinischen Prüfung. Darunter der Wirkstoff Larazotid. Zunächst soll der Wirkstoff bei Zöliakie zur Behandlung der Glutenintoleranz untersucht werden.

Darmbakterien können aber durch die richtige Ernährung auch gezielt angefüttert werden. Denn einige Darmbakterien sind in der Lage antientzündliche Stoffe zu bilden: „Es handelt sich um kurzkettige Fettsäuren wie Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure, die über die Schleimhaut ins Blut gelangen.“ Diese Verbindungen produzieren die Bakterien jedoch nur bei passendem Nahrungsangebot. Die Keime benötigen vor allem pflanzliche Fasern. In einer kleinen Studie erhielten 29 Rheumpapatient:innen einen Monat lang einen sehr ballaststoffreichen Riegel. Am Ende zeigte sich ein Anstieg der kurzkettigen Fettsäuren im Blut. In den Stuhluntersuchungen wurde der Anstieg der entsprechenden Darmbakterien nachgewiesen.

Ob die Patient:innen von der Ernährung durch einen Symptomrückgang profitieren, bleibt zunächst offen. Dieser Frage müsste durch Anschlussuntersuchungen nachgegangen werden. „Wir gehen aber davon aus, dass die Ernährung über die Darmbakterien einen substanziellen Einfluss auf die Entwicklung von Arthritis ausüben kann.“

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