Meningokokken-Todesfall

Die Apotheke, die Bescheid wusste

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Berlin -

Im hessischen Lindenfels ist vor zwei Wochen ein zweijähriges Mädchen an einer Meningokokken-Infektion gestorben. Im Anschluss wurde Kritik am Vorgehen des zuständigen Gesundheitsamtes laut. Unter anderem wurde bemängelt, dass das Prophylaxe-Antibiotikum Eremfat (Rifampicin, Riemser) nicht verfügbar war. Stimmt nicht, sagt nun Apotheker Dr. Oliver Saur. In seiner Heppenheimer Rewe-Apotheke hatte er bereits am Abend vor dem großen Ansturm einen stattlichen Vorrat an dem selten gebrauchten Medikament angelegt.

Nachdem das zweijährige Mädchen aus Lindenfels am Freitagabend verstorben ist, hat das Gesundheitsamt am Samstag die Eltern der Kinder, die Kontakt mit dem Mädchen gehabt haben könnten, dazu aufgefordert, den ärztlichen Bereitschaftsdienst aufzusuchen und sich vorsorglich ein Antibiotikum gegen die Infektion verschreiben zu lassen. Doch in den Apotheken vor Ort war Eremfat nicht verfügbar. Apotheker Dominik Müller kritisierte im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC, dass seitens des Gesundheitsamtes keinerlei Informationen vorlagen. Stattdessen hätten Kunden gerüchteweise von einem Verdachtsfall berichtet.

Und so traf ihn die große Nachfrage nach dem selten verschriebenen Antibiotikum, das in erster Linie bei TBC, aber auch zur Meningokokken-Meningitis-Prophylaxe angewandt wird, gänzlich unvorbereitet. Sein Kollege aus Heppenheim war da offenbar umsichtiger. „Wir haben von dem Verdachtsfall gehört und uns auf eigenes Risiko bevorratet“, sagte Saur gegenüber APOTHEKE ADHOC. Diese eher ungewöhnliche Vorgehensweise begründete der Apotheker mit der gesetzlichen Pflicht der Apotheker, die Arzneimittelversorgung sicherzustellen.

Auch habe er nichts von den von Müller beklagten Lieferschwierigkeiten bei Großhändlern mitbekommen. „Wir haben bereits am Freitagabend mehr als 50 Säfte bekommen und hätten ohne Probleme weitere 50 bei einer etwas weiter entfernten Niederlassung erhalten können“, sagt er. Damit widerspricht er den Erfahrungen des Lindenfelser Apothekers, der berichtete, dass weder er noch seine Kollegen aus dem Umkreis am Samstagvormittag Glück bei der Verfügbarkeitsanfrage gehabt hätten. Nur bei einem Großhändler habe er sieben Packungen bestellen können.

Saur kann auch die Kritik des Apothekers und vieler Eltern am Krisenmanagement des Gesundheitsamtes nicht verstehen. Seiner Auffassung nach ist die Versorgung mit Eremfat „optimal“ gelaufen. „Besser hätte es aus meiner Sicht nicht laufen können“, sagte er. Sowohl die Eltern als auch der ärztliche Bereitschaftsdienst seien darüber informiert gewesen, dass das seltene Medikament in seiner Rewe-Apotheke in ausreichenden Mengen vorhanden sei.

Im Laufe des Samstags hat der Apotheker eigenen Angaben nach etwa 70 Säfte abgegeben. Kein Kunde sei ohne das Medikament aus seiner Apotheke nach Hause geschickt worden. „Der letzte ist noch am Samstag um 21:30 Uhr in die Apotheke gekommen“, so Saur. Am Montag nach dem turbulenten Wochenende habe er mit dem Gesundheitsamt gesprochen und erfahren, dass alle Kinder mit Eremfat versorgt wurden und kein weiterer Bedarf bestehe.

Anders als Müller, der kritisierte, dass das in Heppenheim ansässige Gesundheitsamt weder am Freitag noch nach Bestätigung der Meningokokken-Infektion samstags Kontakt zu Apotheken vor Ort aufgenommen habe, gibt Saur an, bereits seit Freitagabend im Austausch mit dem Gesundheitsamt gestanden zu haben. Allerdings konnte der Apotheker nicht mehr sagen, von wem die Initiative für die Kontaktaufnahme ausging.

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