Dick wegen Hirnstörung APOTHEKE ADHOC, 26.04.2018 13:59 Uhr
Im Gehirn von adipösen Menschen ist die Gewinnung von Energie aus Glucose stark vermindert. Das berichten Wissenschaftler der Universität Lübeck im Fachjournal „Metabolism“. Die gestörte Energiegewinnung des Gehirns könnte eine Erklärung für das häufig fehlende Sättigungsgefühl Übergewichtiger sein.
Aus einer früheren Studie ist bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen steigendem Körpergewicht und reduziertem Energiegehalt im menschlichen Gehirn gibt. Die Ursache des erniedrigten Energiestatus war bislang unklar. Bekannt war jedoch, dass ein hoher zerebraler Energiegehalt Sättigungsgefühle auslöst. Andererseits weiß man, dass Übergewichtige oft die Sättigung nicht wahrnehmen.
Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Lübecker Sektion für Psychoneurobiologie hat nun unter der Leitung der Diplom-Psychologin Ewelina K. Wardzinski und Professor Dr. Kerstin M. Oltmanns in ihrer aktuellen Studie herausgefunden, dass Übergewichtige einen reduzierten Energiestatus im Gehirn haben. Dazu haben die Wissenschaftler 17 normalgewichtigen und 13 adipösen Studienteilnehmern intravenös Glucose infundiert, bis die Blutglucosekonzentrationen die postprandialen Spiegel von 7 mmol/l und 10 mmol/l erreichten.
Danach haben sie die Veränderungen im Energiestatus des Gehirns mittels 31P-Magnetresonanz-Spektroskopie untersucht. Bei der normalgewichtigen Gruppe stieg der Hirnenergiegehalt nach der Glucosegabe sofort an, während sich bei den adipösen Probanden keine Veränderung zeigte. Der Energiegehalt des Gehirns stieg bei dieser Gruppe nur bei hohen Blutzuckerwerten von 10 mmol/l moderat an.
Da Vitamin C entscheidend für eine korrekte neuronale Energiesynthese ist, haben die Forscher während der experimentellen Tests auch die zirkulierende Konzentration dieser Substanz bestimmt. Sie konnten zeigen, dass die Vitamin C-Konzentration im Allgemeinen mit dem Energiegehalt des Gehirns bei Blutglucosekonzentration von 7 mmol/l korrelierten.
„Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass bei Übergewichtigen eine Störung der Energiegewinnung im Gehirn vorliegt“, erläutert Psychologin Wardzinski. „Möglicherweise erklärt diese Störung den chronisch reduzierten zerebralen Energiestatus bei den Betroffenen und auch, warum Übergewichtige oft kein Sättigungsgefühl spüren. Dann hungert das Gehirn gewissermaßen.“ Den Forschern zufolge könnte der ineffiziente Energiegewinn aus einem gestörten Glucosetransport über die Blut-Hirn-Schranke oder einer herunterregulierten Energiesynthese in mitochondrialen Oxidationsprozessen resultieren.
Die erniedrigten Hirn-Energielevels zeigen Parallelen zu psychischen Erkrankungen auf, denn Menschen mit einer Depression haben den Forschern zufolge ebenfalls einen reduzierten Hirnenergiegehalt. Möglicherweise könnte Übergewicht daher als psychoneurobiologische Störung betrachtet werden. „Offenbar hängen Psyche, Hirnenergiestoffwechsel und Körpergewichtsregulation eng miteinander zusammen, was berücksichtigt werden muss, wenn man dauerhaft abnehmen will“, so Oltmanns.