Forscher der Harvard University in Cambridge haben einen Ansatz gefunden, mit dem geschädigte Betazellen von Diabetikern ersetzt werden könnten. Körpereigene Stammzellen aus dem Magen sollen so umprogrammiert werden, dass sie die Funktion der Insulin-produzierenden Zellen übernehmen können.
Auf der Suche nach vielversprechenden Kandidaten für Zellen, die sich zur Insulinproduktion eignen könnten, untersuchten die Forscher die Genetik und Eigenschaften verschiedener Gewebe im Verdauungstrakt. Diese Gewebe sind denen der Bauchspeicheldrüse verwandt. Außerdem ist bekannt, dass im Verdauungstrakt noch besonders viele Stammzellen enthalten sind. Das macht sie zu potenziellen Vorläuferzellen für die Betazellen.
Im Gewebe des sogenannten Pylorus, des Magenpförtners, wurden die Wissenschaftler fündig: Einige Pyloruszellen ließen sich sich unerwartet leicht in Betazellen umwandeln, berichten sie im Fachjournal „CellStemCell“. Viele der für die Betazell-Funktion benötigte Gene und Funktionen sind schon von Natur aus in den Stammzellen des Pylorus aktiv; lediglich drei Gene mussten zusätzlich exprimiert werden.
Basierend auf den gewonnen Erkenntnissen untersuchten die Wissenschaftler, ob die Pylorus-Stammzellen so umfunktioniert werden können, dass sie dauerhaft Insulin produzieren. Dies müsste so effektiv geschehen, dass der Blutzuckerspiegel dadurch konstant reguliert werden könnte, so die Hoffnung. Dafür entnahmen die Forscher Mäusen einige noch undifferenzierte Pylorus-Zellen und wandelten sie in einer Zellkultur in Insulin-produzierende Betazellen um. Aus diesen reprogrammierten Zellen züchteten sie dann eine Art „Miniorgan“.
Das Zellkonstrukt wurde anschließend Mäusen in eine Hautfalte am Zwölffingerdarm eingepflanzt und über mehrere Wochen beobachtet. Das kleine Organ setzte sich tatsächlich dauerhaft fest – und vergrößerte sich sogar. Nach vier Wochen war bei einigen der Mäuse bereits ein bis zu einem Zentimeter großer Auswuchs aus differenziertem Zellgewebe am Darm zu erkennen.
Das implantierte künstliche Organ blieb über den gesamten Versuchszeitraum gesund und regenerierte sich ständig neu. Um zu testen, ob es auch dauerhaft die Insulinproduktion anstelle der Betazellen übernehmen könnte, zerstörten die Forscher die Betazellen bei zwei Gruppen von Mäusen. Bei einer wurden die Pylorus-Zellen so umprogrammiert, dass sie wie Betazellen agierten, bei der zweiten nicht. Die Tiere der Kontrollgruppe starben innerhalb von acht Wochen. Die Mäuse der ersten Gruppe behielten ihre Insulin- und Zuckerwerte für den gesamten Überwachungszeitraum von bis zu sechs Monaten. Die umprogrammierten Zellen konnten also tatsächlich das Fehlen der Betazellen ausgleichen, so die Schlussfolgerung der Forscher.
Nach Ansicht der Forscher könnte sich dieser Ansatz auch für eine Behandlung menschlicher Diabetiker eignen. Durch Biopsien seien Pylorus-Zellen leicht zu gewinnen. Zudem eröffne die Reprogrammierung von körpereigenen Zellen die Möglichkeit einer individuellen, maßgeschneiderten Therapie. Man könne dem Patienten seine eigenen, umprogrammierten Zellen wieder zurückimplantieren. Dadurch seien Abstoßungsreaktionen ausgeschlossen, so die Wissenschaftler.
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