Bei der systemischen Einnahme von Kortikosteroiden können schwerwiegende Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen auftreten. Die topische Anwendung galt bisher als vergleichsweise harmlos. Studien eines Forscherteams der Universität Kopenhagen gaben nun erste Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Diabetes unter der Behandlung mit äußerlich angewendeten Kortikoiden.
Die Wissenschaftler um Yuki Andersen führten zwei Fall-Kontroll-Studien mit Daten dänischer und britischer Patienten sowie eine große Kohortenstudie außschließlich mit Daten dänischer Patienten durch, um die Auswirkung topischer Kortikosteroid-Formulierungen auf die Entstehung eines Diabetes zu untersuchen. Sie griffen auf routinemäßig erhobene Gesundheitsdaten aus der Zeitspanne zwischen 2007 und 2015 zurück: Insgesamt identifizierte das Team mehr als 11.5000 Erwachsene in Dänemark und mehr als 54.000 Personen in Großbritannien als Patienten mit neu aufgetretenem Typ-2-Diabetes und ordneten diesen einer bezüglich Geschlecht und Alter vergleichbaren Anzahl an Personen ohne Diabetes zu.
Die dänische Kohortenstudie fußte auf Daten aus den Jahren 2001 bis 2015: Hier wurden rund 2,6 Millionen Erwachsene eingeschlossen. Über einer Million dieser Personen wurden während des Studienzeitraums topische Kortikosteroide verschrieben. Die Forscher schauten sich anschließend für die vier Jahre vor der Diabetesdiagnose die Verschreibungen von Kortikosteroiden sowie Dauer und Wirksamkeit an. Der Schwerpunkt lag auf der Anwendung topischer Kortikosteroide. Primäres Endziel war eine Neuerkrankung an Typ-2-Diabetes.
In beiden Fall-Kontroll-Studien wurde die Anwendung äußerlich angewendeter Kortikosteroide signifikant mit der Entstehung von Typ-2-Diabetes in Zusammenhang gebracht. Personen, die topische Anwendungen erhalten hatten, hatten demnach ein erhöhtes Risiko für eine Neuerkrankung. Außerdem konnten die Forscher feststellen, dass die Neuerkrankungen bei der Anwendung höherer Dosierungen offenbar vermehrt auftraten.
Die Ergebnisse zeigten sich über alle Sensitivitätsanalysen hinweg konstant. Aufgrund der hohen Verschreibungsrate halten die Forscher weitere Sicherheitsbeurteilungen für notwendig. Deutsche Experten sehen allerdings noch keinen Grund, die gängige Praxis zu ändern – zumindest solange keine prospektiven Daten vorliegen, die die Erkenntnisse des Forscherteams bestätigen.
Bereits bekannt ist, dass die längerfristige Einnahme von Kortison zu schweren Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen führen kann: Gewichtszunahme, Hypertonie, Schlafstörungen, Hyperglykämie, Osteoporose, ein erhöhtes Risiko für Infektionen, erhöhtes Thromboserisiko, Glaukom, Magengeschwüre und das Morbus Cushing können auftreten. Manche Effekte sind nur vorübergehend während der Einnahme zu verzeichnen, andere können von Dauer sein.
Lokale Darreichungsformen wie Cremes und Salben sind zum Teil als OTC-Präparate erhältlich: Stärken mit 0,25 Prozent bis maximal 50 Gramm sowie 0,5 Prozent Hydrocortison bis 30 Gramm sind frei verkäuflich. Alles, was darüber hinausgeht, erfordert eine ärztliche Verschreibung. Ein OTC-Switch von Hydrocortison 1 Prozent zum äußerlichen Gebrauch wurde im Januar abgewiesen. Kortisonhaltige Dermatika sollten kurzzeitig und dünn aufgetragen werden, da bekannt ist, dass es zu einer Epidermisatrophie kommen kann. Das Auftreten von Nebenwirkungen bei Dermatika mit Cortisol oder Derivaten ist im Wesentlichen abhängig von der Hautbeschaffenheit, dem Applikationsmodus und -ort sowie der Anwendungsdauer. Bei kurzfristiger Applikation ging man bisher davon aus, dass keine typischen Cortisol-Nebenwirkungen zu befürchten sind.
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