Änderung des Lebensstils

Diabetes: Bewegung ersetzt Arzneimittel

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Berlin -

Wissenschaftler des AKH Wien (Allgemeines Krankenhaus) und der MedUni Wien kommen zu dem Schluss, dass die Änderung des Lebensstils eine signifikante Auswirkung auf einen vorliegenden Diabetes hat. Sie konnten bei knapp 1000 untersuchten Patienten zeigen, dass nach einer Ernährungsumstellung und einer Bewegungssteigerung auf orale Antidiabetika weitestgehend verzichtet werden konnte. Auch der tägliche Bedarf an Insulin ging binnen drei Wochen zurück.

Bei angepasster Ernährung und Aktivität können ergänzende Antidiabetika oft weggelassen werden, belegen die Experten aus Österreich. Der Einsatz von oralen Antidiabetika könnte durch eine ganzheitliche Therapie minimiert werden. Im Fokus steht Bewegung: Durch einen aktiveren Lebesstil und Sport kann das Körpergewicht reduziert werden – der Blutzuckerspiegel wird stabiler.

Die Forscher untersuchten 930 Patienten eines Diabetes-Rehabilitationszentrums bei der Aufnahme und vor ihrer Entlassung. Der Aufenthalt in der Einrichtung dauerte drei Wochen. In dieser Zeit wurde den Diabetikern ein modifizierter Lebensstil nähergebracht: Die Mahlzeiten waren reich an Gemüse und Obst. Die Gesamtkalorienanzahl betrug 1200 bis 1600 kcal je Tag. Zusätzlich wurden die Teilnehmer aufgefordert aktiv zu sein: Durch Sport wurden jeden Tag 400 bis 600 kcal verbrannt.

Die Änderung der Lebensgewohnheiten führte dazu, dass die PatientInnen bei ihrer Entlassung – mit Ausnahme von Metformin und DPP4-Hemmern – auf zusätzlich eingenommene Antidiabetika verzichten konnten. Die täglich benötigte Insulindosis konnte durchschnittlich um 39 Prozent reduziert werden. „Diese Befunde legen nahe, dass eine Umstellung des Lebensstils der Verschreibung einer Vielzahl zusätzlicher Antidiabetika vorzuziehen ist und sogar überlegen sein dürfte. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass das Problem des Typ-2-Diabetes-mellitus ohne eine Lebensstiländerung nicht bei der Wurzel gepackt und deshalb nicht gelöst werden kann“, erklärt der Studienleiter Werner Waldhäusl.

Innerhalb der drei Wochen hatten sich auch der Blutzuckerlangzeitwert und der BMI verringert: Der HbA1c-Wert sank im Schnitt um 7 Prozent, der BMI sowie der Bauchumfang um 3 Prozent. „Das sind beachtliche Ergebnisse, die die Effektivität und Sinnhaftigkeit eines standardisierten Aufenthalts von Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes-mellitus in einer Rehabilitationseinrichtung für Stoffwechselerkrankungen belegen“, so Waldhäusl.

„Wenn man darüber hinaus bedenkt, dass die Behandlungen in Reha-Zentren in der Regel wesentlich kostengünstiger sind als in Krankenhäusern, ergäben sich bei entsprechender Umschichtung der Patientinnen und Patienten beträchtliche Einsparungspotenziale für das Gesundheitswesen.“

In einer parallel durchgeführten Studie konnten die Wissenschaftler zeigen, dass eine Reduktion des Körpergewichtes durch die Grunderkrankung Diabetes nicht erschwert wird: Der Gewichtsverlust während eines dreiwöchigen Aufenthalts war bei beiden Gruppen gleich groß. „Es gibt die weitverbreitete Annahme, dass es für Menschen mit einer Diabeteserkrankung schwieriger ist, Gewicht zu verlieren als für Menschen ohne eine solche Erkrankung. Das konnten wir für Typ-2-Diabetes-mellitus widerlegen“, erklärt Helmuth Haslacher vom Klinischen Institut für Labormedizin des AKH Wien. „Ich hoffe, dass wir Diabetikerinnen und Diabetikern damit Mut machen, eine Lebensstiländerung in Angriff zu nehmen.“

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