Die Jodversorgung in Deutschland ist in den vergangenen Jahren zunehmend rückläufig. Mittlerweile gilt Deutschland daher wieder als Jodmangelgebiet. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) klärt im Rahmen der Deutschen Hormonwoche auf und verweist auf die Risiken einer Unterversorgung.
Jod war zuletzt in Zusammenhang mit einem möglichen Atomkrieg in den Fokus der Bevölkerung gerückt. „Weniger im Fokus steht, dass Deutschland nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO wieder zu einem Jodmangelgebiet geworden ist“, so die DGE. Das Robert-Koch-Institut (RKI) beobachtet bereits seit einigen Jahren eine rückläufige Jodversorgung.
Als einer der Hauptgründe sei dabei der Rückgang des Gebrauchs von jodiertem Speisesalz in der professionellen Lebensmittelverarbeitung – beispielsweise bei Fertiggerichten – zu nennen. Zwar würden noch immer große Mengen Salz verwendet – jedoch immer seltener die jodierte Variante. Stehen dann häufig Fertiggerichte auf dem Speiseplan, wirke sich das auf die Versorgung aus, so Professor Dr. Joachim Feldkamp, Direktor der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie und Infektiologie am Klinikum Bielefeld.
Wesentlicher Grund für den Rückgang sei unter anderem der Kostendruck, denn jodiertes Speisesalz sei etwas teurer. Hinzu komme die Internationalisierung der Märkte: „Da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Regularien zur Möglichkeit der Jodierung von Speisesalz bestehen, wird von den Lebensmittelproduzenten oft der zulassungstechnisch einfachere und kostengünstigere Weg ohne jodiertes Speisesalz eingeschlagen“, so Feldkamp.
In privaten Haushalten setzen aktuellen Daten zufolge 70 bis 75 Prozent auf die jodierte Variante von Speisesalz. Dennoch würden einige Konsument:innen bewusst zu unjodiertem Salz oder auf kochsalzarme Ernährung setzen. Dies verstärke die Mangelsituation. Der Experte warnt vor den Auswirkungen einer Unterversorgung: „Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen schlechter Jodversorgung und dem Auftreten von Schilddrüsenvergrößerungen und Schilddrüsenknoten“. Ein Jodmangel kann auch Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern zur Folge haben.
Der Jodbedarf ist vor allem in Schwangerschaft und Stillzeit wichtig: Durch den beschleunigten Stoffwechsel ist der Verbrauch erhöht, Jod wird dann vermehrt mit dem Urin ausgeschieden. Wie die DGE berichtet, kann schon ein leichter Jodmangel der Mutter den Intelligenzquotienten (IQ) beim Kind beeinträchtigen. Die DGE rät daher in ihren Empfehlungen gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) allen Frauen die Supplementierung von Jod in Schwangerschaft und Stillzeit. Bei Schilddrüsenüberfunktion oder einer bösartigen Schilddrüsenerkrankung sei jedoch Vorsicht geboten, so DGE-Mediensprecher Professor Dr. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg.
Der tägliche Jodbedarf variiert je nach Alter. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt die Werte wie folgt an:
Eine ausreichende Jodversorgung ist leicht möglich, wenn bewusst auf den Verzehr jodhaltiger Lebensmittel – inklusive jodiertem Speisesalz – geachtet und häufig selbst gekocht wird. „Jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel sind in der Regel dann nicht notwendig“, so Feldkamp. Bei Schwangeren und Stillenden oder bei Personen, die auf tierische Lebensmittel verzichten, kann eine gezielte Supplementierung jedoch sinnvoll sein. Im Zweifelsfall sollte ein Arzt/eine Ärztin zu Rate gezogen werden.
Der menschliche Körper kann Jod nicht selbst produzieren und nur begrenzt speichern. Deshalb ist es wichtig, das Spurenelement regelmäßig über die Nahrung zuzuführen. Denn ohne Jod werden keine Schilddrüsenhormone produziert – diese sind essenziell für verschiedenste Stoffwechselprozesse und Funktionen im Körper. Der Bedarf beginnt bereits im Mutterleib, damit Organe und Gewebe reifen und wachsen können.
Oral aufgenommen, gelangt das Jod mit der Nahrung zunächst in den Magen-Darm-Trakt und wird von dort aus resorbiert. Über das Blut wird es schließlich in die Schilddrüse befördert, wo es benötigt und verbraucht wird. In der Schilddrüse werden verschiedene Hormone produziert und ins Blut abgegeben: Besonders wichtig ist die Synthese der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Beide besitzen einen Jodanteil und sind somit auf die Zufuhr angewiesen. Durch die Abspaltung eines Jod-Atoms kann im Körper aus dem weniger wirksamen, aber dafür langlebigeren T4 das kurzlebigere, aber wirkungsstärkere T3 gebildet werden.
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