Hexal hat einen jahrelangen Rechtsstreit gegen das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gewonnen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied, dass die Blockade beim OTC-Switch von Desloratadin den Hersteller in seinen Rechten verletzt. Nach Levocetirizin könnte also vielleicht schon zur nächsten Saison ein weiteres neues Antiallergikum zur Verfügung stehen.
Hexal will unter der Marke Deslorano ein Antiallergikum auf den Markt bringen, das ohne Rezept zur oralen Anwendung in den Indikationen allergische Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren eingesetzt wird.
Der zuständige Sachverständigenausschuss gab im Juni 2013 grünes Licht und sprach sich mehrheitlich für den OTC-Switch aus. Die Experten empfahlen dem BMG, eine entsprechende Änderung in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) umzusetzen. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unterstützte angesichts der vorgelegten Studien zum Sicherheitsprofil den Vorstoß.
Im November 2013 teilte das BMG allerdings mit, dass es von der Änderung „vorläufig absehen“ werde. Als Grund wurde der Umstand angeführt, dass es Präparate mit Desloratadin sowohl basierend auf EU-Zulassungen, als auch auf nationalen Zulassungen gebe. Für die Arzneimittel mit zentralen Zulassungen könne eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht nur durch die EU-Kommission erfolgen; Hinweise hierfür gebe es nicht.
Vor dem Hintergrund einer identischen Risikolage der Arzneimittel sei es nicht vermittelbar, dass die Arzneimittel teilweise verschreibungspflichtig und damit Gegenstand der Versorgung durch die Krankenkassen sein sollten, zum Teil aber nicht. Eine Entlassung der national zugelassenen Arzneimittel aus der Verschreibungspflicht komme daher erst nach einer entsprechenden Entscheidung der EU-Kommission für die EU-Zulassungen in Betracht. Man wolle keinen gespaltenen Markt mit identisch zusammengesetzten Rx- und OTC-Produkten.
Im Januar 2014 forderte Hexal das BMG noch einmal auf, das Votum des Sachverständigenausschusses umzusetzen: Nach der Abstimmung der Experten stehe fest, dass Gründe zur Unterstellung von Desloratadin unter die Verschreibungspflicht nicht mehr vorlägen. Das BMG sei zu einer Änderung verpflichtet, da ansonsten die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmen eingeschränkt würden.
Das BMG holte schließlich eine Stellungnahme der EU-Kommission ein. Doch obwohl Brüssel kein Problem sah, erklärte das Ministerium im Oktober 2014 – also nach einjährigem Schriftverkehr – erneut und abschließend, das Votum trotzdem nicht umzusetzen. Hexal reichte daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln ein und ging in Revision beim Oberverwaltungsgericht Münster.
Die Richter hielten die Klage jedoch für unzulässig, da ein Verwaltungsvollzug möglich sei: Sobald man als Hersteller ankündige, sein Produkt trotz Verschreibungspflicht in die Sichtwahl zu bringen, müssten die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder einschreiten – schon existiere ein konkretes streitiges Rechtsverhältnis, das von Gerichten zu überprüfen sei. Allerdings räumten die Richter ein, dass die Erfolgsaussichten für einen effektiven Rechtsschutz auf diesem Weg zweifelhaft seien. Die Revision hatte das OVG zunächst nicht zugelassen, das BVerwG entschied jedoch, dass der Fall grundsätzliche Bedeutung habe.
Im Juni 2012 hatte Hexal die Zulassung für ein Präparat mit dem Wirkstoff Desloratadin erhalten. Das Original Aerius von MSD war seit 2001 auf dem Markt, der Patentschutz damit abgelaufen. Im März 2013 beantragte der Generikakonzern die Entlassung des Antihistaminikums aus der Verschreibungspflicht. Zur Begründung führte Hexal aus, dass Desloratadin der führende antiallergische Wirkstoff in Europa sei, seine Verträglichkeit in mehr als zehnjähriger breiter Anwendung unter Beweis gestellt und sich als Substanz mit sehr gutem Sicherheitsprofil erwiesen habe.
In diesem Jahr hatten sich Hexal und 1A Pharma von den Rx-Varianten Levocetirizin 5 mg in den Packungsgrößen 20, 50 und 100 Filmtabletten getrennt und OTC-Präparate als offizielle Nachfolger eingeführt. Der Sachverständigenausschuss hatte die Entlassung aus der Rezeptpflicht empfohlen. Die Experten stimmten dem Switch einstimmig zu, denn das Sicherheitsprofil des Arzneistoffes lasse sich vom seit mehr als 25 Jahren auf dem Markt befindlichen Cetirizin (10 mg) ableiten. Neu sei der schnellere Wirkeintritt.
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