Depressionen: Stimulation für's Hirn Katharina Brand, 11.05.2024 09:13 Uhr
An der Klinik für Psychiatrie des Universitätsklinikums Bonn läuft aktuell eine Studie zur Effektivität der transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) bei unbehandelten Depressionen. Das Verfahren hat sich einem bei therapieresistenten Depressionen bewährt. Die Nebenwirkungen sind minimal.
Das Universitätsklinikum Bonn sucht für eine Studie zur Behandlung von Depressionen mit rTMS Personen zwischen 18 und 60 Jahren, die bisher keine Medikamente dafür eingenommen haben. Teilnehmende sollten seit 4 Wochen bis 5 Jahren unter mittelschwerer bis schwerer Depression leiden, keine neurologischen Vorerkrankungen, Herzschrittmacher oder Metall im/am Körper haben und nicht unter Platzangst leiden. Das Programm dauert vier Wochen.
Depressionen und Hirnstimulation
Depressionen beeinträchtigen das Denken, Fühlen und Handeln und sind mit Störungen der Hirn- und Körperfunktionen verbunden. Erkrankte leiden oft an Leistungsabfall und Symptomen wie Appetitverlust, Schlafstörungen, Lustlosigkeit sowie verminderte Entscheidungsfähigkeit.
„Einige dieser Symptome sind auf eine aus der Balance geratene Aktivität in den Hirnbereichen zurückzuführen, die für die Lenkung von Gefühlen und Gedanken verantwortlich sind. Ist deren Aktivität reduziert, kommt es zu einer verstärkten Wahrnehmung und Verarbeitung negativer Informationen und zu einer für die Depression typischen negativen Verzerrung von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Gedächtnis“, erklärt Maximilian Kiebs, Leiter der Arbeitsgruppe für Hirnstimulation in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn. „Hier setzt die transkranielle Magnetstimulation an, bei der eine Magnetspule gezielt an den Kopf gehalten wird. Die abgegebenen Impulse der Magnetspule aktivieren Nervenzellen im Gehirn an und können dadurch den Gemütszustand der Betroffenen nach mehrmaliger Behandlung deutlich verbessern“ so Kiebs weiter.
So funktioniert's
Bei der rTMS-Behandlung sendet eine Spule wiederholte Magnetimpulse aus, die durch die Schädelknochen hindurch einen leichten Strom in den Gehirnarealen erzeugen, wodurch Nervenzellen angeregt werden. Dies kann die Gehirnaktivität normalisieren und bei der Erholung von Depressionen helfen. Vor der Behandlung wird das zu stimulierende Areal mittels MRT genau erfasst und ein digitales Gehirnmodell angefertigt. Die Methode ist schonend und in der Regel ohne Nebenwirkungen, abgesehen von möglichen kurzzeitigen Kopfschmerzen. Schädliche Veränderungen am Gehirn treten nicht auf.
Vielversprechende Ersttherapie
rTMS ist als Behandlung für therapieresistente Depressionen anerkannt. Wenn diese unbehandelt bleiben, besteht das Risiko, dass sie lange anhalten. Mainstream-Behandlungsmethoden umfassen Medikamente und Psychotherapie, sind jedoch nicht immer wirksam oder werden schlecht vertragen.
Das Verfahren könnte eine schonende und gut verträgliche Ersttherapie für solche Fälle sein. „Sollte unsere Studie den Nachweis erbringen, dass der Einsatz der rTMS als Ersttherapie eine gute und schnelle Wirkung gegen Depressionen erreicht, dann bedeutet dies für Betroffene eine Erweiterung der Behandlungsoptionen um eine gut verträgliche Alternative“ erläutert Studienleiter Kiebs.