Narkosemittel

Depression: Renaissance für Ketamin

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Berlin -

Von der illegalen Partydroge zum Hoffnungsträger: Forscher konnten für das Narkose- und Schmerzmittel Ketamin eine antidepressive Wirkung bestätigen. Der neu entdeckte Wirkmechanismus könnte für die Entwicklung von Antidepressiva einer neuen Generation eine Rolle spielen.

Etwa 16 Prozent der Weltbevölkerung leiden in ihrem Leben unter Depressionen – Tendenz steigend. Die zur Verfügung stehenden Arzneimittel können nicht alle Betroffenen angemessen behandeln. Den Medizinern gehen für etwa ein Drittel der Patienten die Therapieoptionen aus – soviele Patienten sprechen auf die im Handel befindlichen Arzneistoffe nicht an. Das Problem: Die Wirkung gängiger Antidepressiva setzt zum Teil erst nach mehreren Wochen oder gar nicht ein.

Bereits in der Vergangenheit wurde über Ketamin als neue Wunderwaffe berichtet. Der Arzneistoff ist als illegale Clubdroge und Narkosemittel bekannt. Jedoch kann der Rausch von Halluzinationen, Angstzuständen, Flashbacks und Schlaflosigkeit geprägt sein. Umso erstaunlicher sind die Entdeckungen von Forschern, die im vergangenen Jahr im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht wurden.

Während die Wirkung von Ketamin durch eine antagonistische Wirkung am Glutamat-abhängigen N-Methyl-D-Asparat-Rezeptor zustande kommt, ist die antidepressive Wirkung vom NMDA-Antagonismus unabhängig. Somit bleiben die typischen Ketamin-Nebenwirkungen aus. Für die schnelle und anhaltende antidepressive Wirkung ist laut Forschungsergebnis ein Nebenprodukt verantwortlich.

Der Metabolit Hydroxynorketamin (HNK) ist pharmakologisch aktiv und nimmt die Schlüsselrolle in der antidepressiven Wirkung ein. Am Mausmodell konnten die Forscher zeigen, dass das Abbauprodukt den AMPA-Rezeptor aktiviert. HNK verursachte bei den Tieren keine Rauschzustände – auch eine süchtig machende Wirkung konnte dem Metaboliten nicht nachgewiesen werden. Eine Veränderung der körperlichen Aktivität, der sensorischen Verarbeitung oder der Koordination wurden bei den Nagern nicht dokumentiert.

Die Wirkung dauerte bei den Tieren mindestens drei Tage an und trat in Stunden oder gar Minuten ein. In den USA kommt Ketamin im Off-Label-Use bereits zum Einsatz, etwa 3000 Menschen wurden laut Medienberichten bereits mit der Substanz behandelt. Die Forscher arbeiten weiter an Sicherheits- und Toxizitätsstudien für HNK am Menschen.

Auch in Deutschland wird die Wirksamkeit von Ketamin untersucht. An der Berliner Charité läuft mit etwa 100 Teilnehmern das bundesweit größte Projekt. Die Erfolgsquote lieg bei 35 bis 50 Prozent.

Depressionen sind biochemisch gekennzeichnet durch ein Ungleichgewicht an Botenstoffen im Gehirn und gehen mit Symptomen wie bedrückte Stimmungslage, Verzweiflung, Antriebslosigkeit, Rückzug aus dem sozialen Leben sowie Schlaf- und Konzentrationsstörungen einher. In schweren Fällen löst die Krankheit Suizidgedanken aus.

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