Prävention im Fokus

Demenz: 300.000 Neuerkrankungen pro Jahr

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Berlin -

Demenzerkrankungen sind ein stetig wachsendes Problem, denn die Gesellschaft wird immer älter. Die aktuelle Situation stellt dabei sowohl Patienten, wie auch Angehörige und Pflegepersonal vor Herausforderungen, da Schutzmaßnahmen und Hygiene durch das Erkrankungsbild vergessen werden – dadurch entsteht ein zusätzliches Infektionsrisiko. Mittlerweile wird außerdem ein bestimmtes Alzheimer-Gen mit schweren Covid-19-Verläufen in Verbindung gebracht.

Jedes Jahr gibt es in Deutschland mehr als 300.000 neue Alzheimer- und andere Demenzerkrankungen. Insgesamt seien es derzeit 1,6 Millionen Patienten, berichtete die Deutsche Alzheimer Gesellschaft in Berlin. Infolge der demografischen Veränderungen gebe es weitaus mehr Neuerkrankungen als Sterbefälle unter den bereits Erkrankten, so dass ihre Zahl steige. Nach neueren Studien sei die Zunahme jedoch geringer als bislang angenommen: „Je nachdem, wie sich die Altersstruktur der Bevölkerung insgesamt entwickelt, wird sich die Krankenzahl bis zum Jahr 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen“, schreibt die Gesellschaft. Bisher ging sie von drei Millionen Erkrankten 2050 aus. Die Ursache für den verlangsamten Anstieg könnte in einem insgesamt besseren Gesundheitszustand der Bevölkerung liegen.

Prävention ist wichtig

„Uns machen die neuen Zahlen Mut“, sagte die erste Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft, Monika Kaus. „Wir wissen inzwischen, wie wichtig körperliche und geistige Aktivität, der soziale Kontakt zu anderen Menschen, aber auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung sind, um einer Demenz vorzubeugen.“ Dazu komme die Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und Herzrhythmusstörungen sowie der Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum. „Auch wenn es keine Maßnahmen gibt, mit denen man ausschließen kann, jemals an irgendeiner Form der Demenz zu erkranken, ist Prävention sinnvoll und wichtig.“

Bereits im Dezember zeigte eine Untersuchung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Medizini­schen Fakultät der Universität Leipzig die stetig wachsenden Erkrankungszahlen in Deutschland. Grundlage für die Untersuchung waren die ambulanten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten von Hausarzt- und Facharztpraxen der Jahre 2009 bis 2016: Berücksichtigt wurden behandelte prävalente Patienten mit leichten kognitiven Störungen (MCI) und Demenz, bei denen in mindestens zwei Quartalen eine gesicherte MCI- oder Demenzdiagnose dokumentiert wurde.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind eindeutig: Die Behandlungsprävalenz von Demenz ist zwischen 2009 und 2016 von 2,52 auf 3,55 Prozent gestiegen – umgerechnet ist die Zahl der Demenzpatienten damit von 1,01 Millionen im Jahr 2009 auf 1.41 Millionen im Jahr 2016 angestiegen. Das ist eine Zunahme von 40 Prozent. Neben der Zunahme von Demenzerkrankungen, wurde auch die Erkrankungshäufigkeit von leichten kognitiven Störungen (MCI) betrachtet: Diese sind von 2009 bis 2016 von 0,13 Prozent auf 0,42 Prozent gestiegen. Das entspricht in der Anzahl behandelter Patienten einem Wachstum von 229 Prozent: 2009 waren es 51.000 Patienten, 2016 schon 167.000. Obwohl auch diese leichten Formen zunehmend behandelt werden, würden MCI nach wie vor zu selten diagnostiziert und dokumentiert, heißt es von Seiten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung: Die geschätzte bevölkerungsbezogene Prävalenz liegt bei 1,5 bis 3,7 Millionen Patienten.

Corona fordert Demenz-Patienten und Angehörige

Die Corona-Pandemie macht es Patienten mit Alzheimer oder Demenz nicht leicht: Für die Erkrankten ist es besonders schwer, die aktuelle Situation rund um das Coronavirus zu begreifen und entsprechend zu handeln: Regelmäßiges Desinfizieren oder Waschen der Hände sowie das Tragen einer Maske können sowohl den Erkrankten wie auch Angehörige oder Pflegepersonal vor Herausforderungen stellen. Aufgrund von Alzheimer können die Patienten die derzeitige Gefahr nicht erfassen und als solche bewerten. Die dazugehörigen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen machen für sie daher häufig keinen Sinn und werden entsprechend nicht beachtet oder umgesetzt. Da die Hygienemaßnahmen – beispielsweise Abstandhalten oder das Einhalten von Husten- und Niesetikette – häufig nicht wie vorgeschrieben eingehalten werden, ist für Alzheimer-Patienten das Erkrankungsrisiko aufgrund der höheren Ansteckungsgefahr besonders groß.

Im Verlauf der Erkrankung kommt es neben der kognitiven Einschränkungen meist auch zu einem körperlichen Abbau, welcher mit einer Schwächung des Immunsystems einhergeht. Daher sind Alzheimer-Patienten besonders häufig von Infektionskrankheiten betroffen. Oftmals führen diese auch zum Tod. Mehrere Faktoren können also schwere Verläufe von Covid-19 begünstigen.

Alzheimer-Gen als Risikofaktor

Außerdem wurde kürzlich ein bestimmtes Alzheimer-Gen mit Covid-19 in Verbindung gebracht: Menschen, die es besitzen, scheinen einer Untersuchung zufolge ein erhöhtes Risiko für schwere Covid-19-Verläufe aufzuweisen – auch wenn sie noch nicht an Demenz erkrankt sind. Schuld soll der Genotyp E4 im Gen für das sogenannte „Apolipoprotein E“ sein, welches ebenfalls mit einem erhöhten Alzheimer-Risiko einhergeht. Das Protein ist unter anderem am Fettstoffwechsel und der Funktion des Immunsystems beteiligt. Außerdem sollen Träger des Genotyps E4 ein bis zu 11-fach erhöhtes Risiko haben an Alzheimer zu erkranken. Von den Teilnehmern aus der Analyse mit Genotyp E4 sind bisher 37 an Covid-19 erkrankt (410 auf 100.000 Personen) – verglichen mit den Personen vom Genotyp E3 (179 auf 100.000 Personen) ist die Prävalenz damit deutlich höher.

 

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